Ophelia und Leonie bezaubern auf dem Eis

von Redaktion

Eiskunstlauf: Zwei Mädchen aus Trudering sind an der Spitze angelangt – zu jung für den Bundeskader

Ophelia Seramoon Kramer © Jürgen Kramer

Leonore Sternlaub Kramer © Jürgen Kramer

Trudering – So ein Doppelaxel kann die größte Eiskunstläuferin ins Schwitzen bringen. Doch für Ophelia Seramoon und Leonore Sternlaub Kramer ist er ein Kinderspiel. Die beiden Mädchen aus Trudering sind riesige Eislauftalente. Ophelia (10) hat vor Kurzem die Erste Kürklassenprüfung bestanden und damit in sehr jungen Jahren die Zulassung zur Meisterklasse erhalten – andere schaffen das frühestens mit 14. Sie beherrscht außer Doppelaxel auch Dreifach-Lutz und Dreifach-Salchow.

Leonore (11), genannt Leonie, liegt mit der bestandenen Zweiten Kürklassenprüfung nur kurz hinter ihrer Schwester, zeigte beim Test in Garmisch außer Doppelaxel so vertrackte Übungen wie die Kombi aus Spreizsprung, Walley und Doppel-Rittberger. „Wir waren gar nicht aufgeregt“, sagen die Mädchen. „Aufgeregt sind wir nur bei Wettbewerben.“

Angefangen mit der Kufenkunst haben Ophelia und Leonie im Alter von drei und vier Jahren in der alten Olympia-Eishalle. Trainerin Jana König brachte ihnen das Laufen, alle Einfachsprünge und Pirouetten bei. Beim wettkampferfahrenen Andrejs Vlascenko lernten sie dann das Raketenstart-Prinzip: Schlittschuhe anziehen und sofort eine saubere Kür hinlegen. Es folgte der Wechsel nach Oberstdorf zu Niko Ulanovsky. Zuletzt ging es nach Zürich zu Linda van Troyen, weil Vater Jürgen Kramer – er ist Chemiker, Ingenieur und Betriebswirt – derzeit dort arbeitet. „Wir wollten, dass die Mädchen einen Sport lernen, durch den sie Selbstdisziplin und Schönheit lernen“, sagt Mutter Ye-Xing (43), Informatikerin. „Sie sollten den Willen lernen, zu gewinnen, aber auch die Fähigkeit, in Würde zu verlieren.“ Vater Jürgen (57) fügt an: „Heute kostet uns der Sport für beide rund 6000 Euro im Monat. Wir können uns das gerade noch so leisten.“

Im Alltag stehen Leonie und Ophelia meistens um fünf Uhr morgens auf, um zum Frühmorgentraining zu fahren. Denn in Zürich besuchen sie eine normale Schule, bereiten sich aufs Sportgymnasium vor. „Eigentlich werden dort nur Kinder aus Bundeskadern aufgenommen, aber dafür sind die zwei in Deutschland noch zu jung“, sagt Jürgen, „wir brauchen wohl eine Sondergenehmigung von der DEU.“ Drei Stunden Eis und eine Stunde Off-Ice-Training absolvieren die Mädchen jeden Tag. Auf die Frage, ob sie jeweils versuchten, die Schwester zu übertreffen, schüttelt Leonie den Kopf. „Es gibt eh nichts, was Ophelia besser kann“. Aber Ophelia nickt: “Leonies Doppelsprünge sind schöner“, das dürfe so nicht bleiben.

Jetzt starten die Schwestern, beide Mitglied im Münchner Eislaufverein MEV, bei der Bayerischen Jugendmeisterschaft sowie beim Allgäu Pokal – Leonie in der Kategorie Nachwuchs, Ophelia bei den Neulingen. „Das ist der wichtigste Wettbewerb für uns“, sagen sie. Die Erwartungen in der bayerischen Heimat sind hoch, eine niedrige Platzierung sähe nicht gut aus. Schließlich wollen beide bald international starten, zum Beispiel beim Junior-Grand-Prix in Riga oder bei den Bavarian Open.

Die Mädchen wissen, dass man Eiskunstlauf nicht ewig macht. Mit 18 würden sie wohl aufhören, sagen sie. Wie bitte, im besten Olympia-Alter? „Na gut, dann mit 20.“ Die fünf Ringe sind anvisiert.
ISABEL WINKLBAUER

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