Alles hört auf mein Kommando: So läuft es am Wochenende in Weißenfels. © IMAGO
München – Über den kommenden Sonntag will sich Gordon Herbert zumindest offiziell keine Gedanken machen. Klar, die Dinge könnten sich prima fügen. Am Sonntag (16 Uhr) könnten seine Basketballer des FC Bayern mit dem BBL-Pokal den ersten Titel unter seiner Führung eintüte. Und obendrauf wird der Kanadier am Sonntag 66 Jahre alt. Die Busfahrt zurück nach München könnte eine lustige werden. Herbert winkt, wenn auch scherzhaft, ab. „Ich habe meinen Geburtstag nicht mehr gefeiert, seit ich 47 war“, sagte er. Warum? Antwort: „47 ist mein biologisches Alter.“
Momente, in denen man merkt: Der Architekt des neuen Münchner Basketball-Erfolges nimmt jetzt, da in dieser Saison die Erntezeit beginnt, auch selbst noch einmal Fahrt auf. Das war in der Frühphase der Spielzeit anders gewesen. Als die Masse der Pflichten aus Training, Reisen und Spielen den Gerade-nicht-mehr-Nationalcoach zu erdrücken schien. „In der Zeit im Oktober, November hatte ich zu kämpfen“, sagte Herbert, „da war mein biologisches Alter eher 85 als 47.“
Aber es sind halt auch zwei Welten. Hier die Nationalmannschaft, die der Trainer-Routinier in drei Sommern für die Highlights EM, WM und Olympia fittrimmen musste. Da die Bayern mit ihrem Marathon durch Euroleague, Meisterschaft und Pokal. Das samstägliche Pokal-Halbfinale in Weißenfels gegen den Mitteldeutschen BC (16 Uhr) wird das 47. Pflichtspiel in gut fünf Monaten Saison. Das ist eine Terminfülle, die Neuland ist für den Mann, der seine Karriere vornehmlich bei kleineren Adressen wie Pau-Orthez, Thessaloniki oder eben seiner alten Liebe Frankfurt verbrachte. Wo er die Zeit zwischen den Spielen durchaus einmal mit Schwimmen oder Naturerlebnissen wie Nordic Walking füllen konnte. „Diese Zeit“, so sagt er, „habe ich jetzt nicht.“
Dafür hält sich halt auch die Zahl der Clubtrophäen, die Herbert auf dem Weg nach München einsammelte, in Grenzen. Pokalsieger in Frankreich (Pau-Orthez) und Finnland (Espoon Honka), mit Frankfurt neben dem kleinen Europe Cup Deutscher Meister – es ist bislang der einzige nationale Titel in Herberts erklärter Wahlheimat Deutschland. Doch nun hat er alles, um seine Bilanz kräftig aufzustocken. Einen Kader mit illustren Namen. Angefangen von gleich sechs seiner Nationalspieler aus DBB-Tagen. Bis hin zu Leitwolf Vladimir Lucic, der ziemlich genau weiß, wie man den Pokal gewinnt. Viermal hat der Serbe den kleinen Titel mit seinen Bayern schon gewonnen. Zuletzt gleich zweimal in Folge.
Alles andere als der Hattrick und damit ein Titel-Geburtstagsgeschenk für den Trainer wäre eine dicke Überraschung. Erst Recht im diesjährigen Teilnehmerfeld, in dem in der Weißenfelder Stadthalle neben dem BBL-Primus in Gastgeber MBC, Bamberg und Frankfurt ausnahmslos Teams aus der unteren Tabellenhälfte am Start sind. „Klar sind wir der Topfavorit“, sagte auch Johannes Voigtmann, „aber soweit ich weiß bringt uns das noch keinen Vorteil.“
PATRICK REICHELT