Auf dünnem Eis

von Redaktion

Wie die DEL am Klimaschutz arbeitet: Zug statt Flug, Geld für Moore

Klimastreifen auf den Trikots: Schiedsrichter Yannik Koziol (l.) und Markus Merk mit Münchens Kapitän Patrick Hager. © Eibner

München – Wie dick muss eigentlich Kunsteis sein, damit auf ihm gespielt werden kann? „Minimum 3,5 Zentimeter“, so steht es in den Bestimmungen. Als im Münchner SAP Garden die Zubereitung des Eises konzipiert wurde, gab es Überlegungen, eine weitere Schicht draufzulegen. Doch dann erfuhr Oliver Wesp, Geschäftsführer der Red Bull Stadion GmbH: „Jeder halbe Zentimeter erhöht den Energieaufwand um zehn Prozent.“ Das wollte man vermeiden und legte sich neue Eismaschinen zu, die lasergesteuert für exakte Einhaltung der 3,5 Zentimeter Auflage sorgen. Es ist nicht so, dass Red Bull sich nicht mehr leisten könnte, doch auch der EHC ist angehalten, sorgsam mit den Ressourcen umzugehen. Nachhaltigkeit ist ein Kriterium bei der Erteilung der Lizenzen für die Deutsche Eishockey Liga (DEL). Jeder Club muss hauptamtlich einen Nachhaltigkeits-Manager beschäftigen und seinen CO2-Fußabdruck ermitteln. Die DEL ist die erste deutsche Profiliga, die sich dazu verpflichtet hat.

Klar, auf das Eishockey blickt man mit besonderer Skepsis. Eishallen mit ihren Betriebszeiten von August bis April und ihren teils schlecht gedämmten alten Gemäuern sind Energiefresser. Diesem Manko kann man bei einem Neubau wie dem SAP Garden, der zu zwei Dritteln unterirdisch errichtet wurde und auf dem Dach mit Solarzellen versehen wurde, entgegenwirken. Doch die meisten Hallen haben wenig Spielraum. Beispielsweise wäre es eine Möglichkeit, Energie einzusparen, indem man die Eisfläche von den europäischen 60 x 30 Meter auf die NHL-Maße von 60 x 26 Meter reduziert, das wären 240 Quadratmeter Fläche, die nicht gekühlt werden müsste. Der Eishockey-Weltverband IIHF hat schon mal in diese Richtung vorausgedacht, doch wie Matthias Binder, der Geschäftsführer der Adler Mannheim, sagt: „Man ist frei in der Wahl der Eisflächengröße.“ In der DEL hat sich lediglich Schwenningen für die kleine Variante entschieden. Binder: „Rein logisch würde es Sinn ergeben, auf die kleinere Fläche zu gehen – aber das geht an vielen Standorten baulich nicht.“ Für ihn ist klar: „Das Thema, an das wir ranmüssen, ist die Fanmobilität.“

Das vergangene Wochenende stand bei der DEL im Zeichen der Nachhaltigkeitsbestrebungen, auf den Videowürfeln gab es Informationen zur globalen Erderwärmung, die Schiedsrichter trugen Sondertrikots mit so genannten „Warming stripes“ (Klimastreifen). Die Fans sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie schon mit der Anreise ihren Beitrag zu einer Verbesserung der Klimabilanz leisten können. Allerdings: Der Status der DEL-Standorte ist ein sehr unterschiedlicher. In München kommt die Hälfte mit dem öffentlichen Nahverkehr, in Schwenningen hingegen wird der Parkplatz voll. Jenna Mamic von den Wild Wings: „Wir sind eine Kleinstadt mit 80000 Einwohnern. Wir leben von einem großen Einzugsgebiet, der durchschnittliche Anfahrtsweg zu unseren Heimspielen beträgt 40 Kilometer, 80 Prozent kommen mit dem Auto. 85 Prozent unseres Abdrucks entsteht durch die Fananreise – da sind wir leider führend.“ Alle Vereine müssen zeigen, wie sie ihre Emissionen zu reduzieren gedenken.

Unter Umweltschutzaspekten verbessert hat sich die Mobilität der Teams. „Wir reisen vermehrt mit Bahn und Bus, Flüge gibt es nur noch in Einzelfällen“, sagt der Münchner Oliver Wesp. „Niemand wird nur fliegen, weil er‘s sich leisten kann, sondern weil es für die Regeneration besser ist“, erklärt Matthias Binder von den Adlern Mannheim, „wir fahren alles mit dem Bus.“

Zum Ausgleich für ihre Emissionen unterstützt die DEL das Moorprojekt Drömling in der Nähe von Wolfsburg. „Moore binden mehr CO2 als Wälder“, weiß Jenna Mamic aus Schwenningen.

Partner der DEL auch bei diesem Projekt ist der World Wildlife Fund (WWF). Dessen Geschäftsführer Sebastian Tripp freut sich, „dass die DEL Klima als Miteinander-Thema“ akzeptiert hat. Allerdings spürt er auch, „dass diese Themen in der politischen Landschaft durch konservative Kräfte unter Druck geraten. Es ist schwieriger als vor fünf Jahren, diese Themen auf die Agenda zu bekommen“.
GÜNTER KLEIN

Artikel 1 von 11