Müde, träge, außer Form: Die Bayern nach dem Kraftakt gegen Celtic. © IMAGO
München – Um die Gesamtkonstellation des FC Bayern zu verstehen, reichten am Dienstag wenige Worte von wichtigen Spielern. Thomas Müller verließ die eisige Allianz Arena nach dem Last-Minute-1:1 (0:0) im Playoff-Rückspiel gegen Celtic Glasgow mit dem Satz „souverän ist anders“. Und Joshua Kimmich antwortete auf die Frage, ob die gezeigte Leistung zu wenig für die Ansprüche eines selbst deklarierten Final-Anwärters in der Champions League sei, mit einem lauten und bestimmten „Ja!“ Selbst die Protagonisten hatten trotz der am Ende erfolgreichen Ehrenrunde gemerkt, dass Schönreden keinen Sinn mehr hat. Der Rekordmeister steht zwar im Achtelfinale – präsentiert sich aber seit Wochen alles andere als titelreif.
„Es ist ja nicht so, dass wir jetzt da sitzen und sagen, hey, wir sind in Topform, alles ist fantastisch. Das ist es momentan nicht“, gab sogar Max Eberl zu. Der Sportvorstand, der sich mit dem öffentlichen Eingestehen von Schwäche traditionell schwertut, nahm den uninspirierten Auftritt gegen den Außenseiter aus Schottland sogar zum Anlass, zuzugeben: „Alles ist momentan ein bisschen schwerer.“ Was er meinte, hatten 75 000 Zuschauer über 90 (und beinahe 120) Minuten auf dem Platz gesehen. Hinten war man anfällig, nach vorne ging vor allem in der ersten Hälfte so gut wie gar nichts. Und auch wenn die zweite Halbzeit nach diversen Wechseln etwas mehr Bayern-Schwung und Alphonso Davies (90.+4) letztlich die Erlösung brachte: Hätte Celtic außer dem 0:1 durch Nicolas Kühn noch eine von diversen weiteren Chancen genutzt, wäre ein Aus im Playoff 110 Tage vor dem „Finale dahoam“ nahe gewesen. Es hätte ins Muster der vergangenen Wochen gepasst.
Auch wenn auf dem Papier alles nach Plan läuft – Eberl: „Wir sind durch. Das ist erst mal das Wichtigste. Wir haben Leverkusen auf Abstand gehalten. Das war das Zweitwichtigste.“ –, zeigt die Formkurve im Fußballjahr 2025 steil nach unten. Zur Veranschaulichung reichen die Spiele im „heißen Februar“: Gegen Kiel (4:3) kam es fast noch zum Ausgleich, die erste Halbzeit beim 3:0 gegen ersatzgeschwächte Bremer war desolat. Und auch wenn alle Beteiligten auf die Intensität der vergangenen sechs Tage mit drei Spielen hinwiesen: In Glasgow (2:1) schwamm man hintenraus, in Leverkusen (0:0) konnte man dem Doublesieger nur staunend zusehen und am Dienstag (1:1) hätte man auch scheitern können. „Der eine oder andere war ein bisschen müde, wir waren teilweise träge“, sagte Kimmich. Und das war noch nett formuliert.
Mit Blick auf die kommenden Gegner Frankfurt und Stuttgart sowie vor allem die möglichen Achtelfinal-Lose Leverkusen und Atletico Madrid ist nur logisch, dass eine Leistungssteigerung dringend vonnöten ist, sonst kann diese erste Kompany-Saison ganz, ganz bitter enden. „Nicht so nach Kampf und Krampf“ solle das Spiel aussehen, sagte Kimmich mit zunehmend kratziger werdender Stimme, wobei Kapitän Manuel Neuer auf der Suche nach positiven Aspekten immerhin betonte: „Charakterlich können wir uns nichts vorwerfen.“ Wohlwissend, dass der Gesamtauftritt mit jenen Bayern, die in der Hinrunde mit ihrem Hurra-Fußball für große Träume gesorgt hatten, nichts mehr zu tun hat.
Es muss etwas passieren, schleunigst. Der Extra-Tag bis zum Heimspiel gegen Frankfurt am Sonntag und die darauffolgende nicht-englische Woche müssen laut Kimmich „inhaltlich“ genutzt werden. Und die Spiele, um die Brust zumindest wieder so breit werden zu lassen, dass man es mit dem nächsten Kaliber aufnehmen kann. Ein Wunschlos am Freitag (12 Uhr)? Eberl: „Wenn du sagst, Europapokal, dann würdest du gerne international spielen.“ Also Altetico. Wobei die Bayern aktuell sowieso mit sich selbst beschäftigt sind. Intern werden die Führungsspieler mehr als zwei Worte sagen.
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER