Kann Bayern ohne Kane?

von Redaktion

Kompany prüft Sturm-Alternativen – Matthäus pro Müller

Konnte gegen Celtic nicht überzeugen: Gnabry. © IMAGO

Glücklich sieht anders aus: Müller gegen Celtic. © IMAGO

München – Die Unterstützung für Thomas Müller kam am Mittwochabend von höchster Stelle. „Das war demütigend. Es hat mich traurig gemacht und er tut mir leid“, sagte Lothar Matthäus auf „Sky“ zur Personalie, die beim 1:1 am Vorabend gegen Celtic Glasgow eigentlich keine Personalie war. 90.+5 hatte die Uhr gezeigt, als Müller das Feld doch noch betreten durfte, der Ausgleich durch Alphonso Davies war gerade gefallen. Eigentlich eine Situation, in der man als Trainer einem Jugendspieler noch ein wenig Champions-League-Luft verschaffen könnte. Aber „einem der größten und erfolgreichsten aller Zeiten“? Matthäus: „Wenn das die Perspektive für die Zukunft ist, dann sollte er etwas anderes machen.“

Womöglich ist der Rekord-Nationalspieler an dieser Stelle zu emotional. Und dennoch ist der Umgang von Vincent Kompany mit Müller in die Richtung zu deuten, dass der sportliche Wert des Altmeisters für den Trainer weniger wird, je näher die entscheidende Saisonphase rückt. Exakt vier Minuten Spielzeit stehen für den 35-Jährigen aus den drei Spielen gegen Celtic und Leverkusen zu Buche, Matthäus hätte an Kompanys Stelle „ein schlechtes Gewissen“. Weil der Trainer des FC Bayern aber mit Blick auf die abfallende Formkurve seiner Elf längst nicht mehr zurück schauen kann, sondern nach vorne blicken sollte, steht Müller dennoch im Fokus: als möglicher Ersatzmann für Harry Kane, der wegen einer Einblutung in der Wade kürzertreten muss – und das schwere Heimspiel gegen den Tabellendritten Eintracht Frankfurt am Sonntag (17.30 Uhr) wohl verpassen wird.

Ohne einen nominellen zweiten Stürmer im Kader – Mathys Tel ist bekanntlich nach Tottenham verliehen – wäre der Einsatz von Müller die logischste Variante. Und auch als Kane im vergangenen Dezember im Spiel gegen Dortmund ausgewechselt werden musste und danach wegen eines Muskelfaserrisses vier Spiele verpasste, setzte Kompany auf den Oldie unter den Feldspielern. In drei von vier Spielen lief Müller vor Jamal Musiala auf, ein Treffer gelang ihm in dieser Zeit. Allerdings mussten sich die Bayern schon auf einen anderen Spielstil rund um den Strafraum einstellen. Müller kommt anders als Kane lieber aus der Tiefe, ist kein klassischer Stoß- und Kopfballstürmer. Daher prüft Kompany auch die anderen Optionen, die sein nicht ganz ausgewogener Kader bietet.

Der Fokus liegt dabei auf den Flügeln, wo der Coach zumindest mit Ausnahme von Kingsley Coman allen Kandidaten die Rolle vorne zutraut. Ein Experiment hatte er im Zuge des letzten Kane-Ausfalls im Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen gewagt: Jamal Musiala lief beim 0:1, in dem der Matchplan aufgrund der frühen Roten Karte für Manuel Neuer allerdings schnell dahin war, vor Michael Olise im Zentrum auf. Das Duo teilte sich die beiden Positionen. Vorteil: Unberechenbarkeit. Nachteil: Niemand, der mit der Brechstange agieren kann.

Wie schwer die Rolle des „Mr. Unersetzbar“ ist, wenn man nicht „vom Fach“ ist, konnte man am Auftritt von Serge Gnabry gegen Glasgow erkennen. Nach dem Aus des Stürmerstars in der Halbzeit wurde der 29-Jährige vom linken Flügel nach vorne beordert und konnte wenig bis gar nicht überzeugen. Auch die sportliche Führung war nicht zufrieden. Dafür, dass der FC Bayern bis zur allerletzten Sekunde nicht aufgegeben hatte, waren laut Sportvorstand Max Eberl „definitiv Leroy (Sané/d. Red.) und King (Coman) zuständig“, also die beiden eingewechselten Flügelspieler, „die neue Impulse und neue Aktivität reingebracht“ haben. Nach Lob für Gnabry oder Olise hörte sich das nicht an.

So oder so: Eine 1a-Lösung gibt es nicht. Nur wen Matthäus aufstellen würde, ist klar…
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER

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