Was Radio Müller für den FC Bayern ist, ist Radio Busemann für die deutsche Leichtathletik. Gerne gefragt vor und nach großen Turnieren, oder zum allgemeinen Status Quo seiner großen Liebe (nach Frau Katrin, natürlich). Und Frank Busemann, der am Mittwoch 50 wird, ist nicht glücklich. „Ich bin ein Riesenfan der Leichtathletik, aber manchmal leide ich ein bisschen, weil es doch größere Probleme gibt“, sagte der frühere Weltklasse-Zehnkämpfer.
Zunächst ist da mal das Offensichtliche, der Abstand zur Weltspitze. 2023 bei der Weltmeisterschaft in Budapest gewann Deutschland keine einzige Medaille. Der traurige Negativpunkt einer einst erfolgreichen Leichtathletik-Nation. Bei den Olympischen Spielen in Paris gab es dann immerhin viermal Edelmetall. Zehnkämpfer Leo Neugebauer, Weitspringerin Malaika Mihambo (beide Silber), Gold von Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye, Bronze bei der Frauen-Staffel über 4×100 Meter. Ein Aufbäumen also? Busemann ist da skeptisch. „Die Welt hat sich weiterentwickelt – und wir müssen versuchen, wenigstens den Status zu erhalten.“
Der Blick geht nach Dortmund. Dort fanden am Wochenende die Deutschen Meisterschaften in der Halle statt. Prominente Namen wie Owen Ansah, Rebekka Haase oder auch Gina Lückenkemper (kämpft mit einer Oberschenkelverletzung) fehlten. Jörg Bügner, Sportvorstand des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) kritisierte, dass Athleten an Istaf-Indoor-Meetings in Düsseldorf oder Berlin teilnehmen, dann aber das nationale Highlight auslassen.
Doch diese Entscheidungen stehen auch für Entwicklungen, die der Verband teils jahrelang verschlafen hat. Athleten wie Neugebauer haben durch das Studium und Training an amerikanischen Universitäten einen Rundum-Service, von dem man hierzulande nur träumen kann. In Deutschland fehlen immer mehr Trainer oder werden nicht entsprechend gezahlt/gefördert, Sportlerinnen wie Gina Lückenkemper oder Konstanze Klosterhalfen verlegen ihren Trainingsalltag daher ins Ausland.
Mit Germany Athletics vom ehemaligen Hammerwerfer Claus Dethloff (wir berichteten) entsteht ein neues System, das genau diese Schwachstellen beheben und wieder mehr Jugendliche für den Sport begeistern möchte. Sogar von einer nationalen Leichtathletik-Liga ist die Rede. Ein wenig frischer Wind kann bei verstaubten Strukturen nie schaden.