Eine bessere Bestätigung dafür, dass Tradition und Moderne bestens harmonieren, hätte der FC Bayern zuletzt gar nicht kriegen können. Die Sonderkollektion zum 125. Jubiläum hatte einen derartigen virtuellen Run ausgelöst, dass die Homepage des Rekordmeisters kurzzeitig zusammenbrach. Ja, Retro kommt an, auch in diesem Business, das längst eine von Verbänden und Investoren getriebene Blase unter dem Motto „schneller, höher, weiter“ ist. Die Technik musste zwar erst wieder zum Laufen gebracht werden, dennoch war der Kontrollverlust für den besten deutschen Fußballverein eine gute Nachricht in doppelter Hinsicht: für die Zahlen auf dem Konto – und für die Grundausrichtung, die ihn in die Zukunft führen soll.
Jubiläen sind traditionell willkommene Gelegenheiten für den Blick zurück – und ohne Frage: Es ist beeindruckend, wie aus diesem vor 125 Jahren von 17 Männern gegründeten Verein über zwei Weltkriege, die goldenen siebziger Jahre und viele richtige Entscheidungen ein Weltclub geworden ist. Die Macher, allen voran Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, dürfen stolz sein, Tag für Tag, heute besonders. Und trotzdem haben auch sie in den vergangenen Jahren feststellen können, müssen, dürfen, dass ein „weiter, immer weiter“ nicht ausreichend ist. Um mit scheich- oder gar staats-finanzierten Clubs mithalten zu können, muss der FC Bayern kreativer sein als andere. Dabei auf ein Fundament aus intrinsisch gewachsenen Werten bauen zu können, ist allerdings ein großes Pfund.
125 Jahre vorauszublicken, lohnt sich nicht. Aber es warten auch schon im kommenden Jahrzehnt genügend Herausforderungen. Auf dem Platz wird es darum gehen, eine Balance aus talentierten (Jugend-)Spielern und Stars zu finden; neben dem Platz darum, wie versprochen nie ein „kickender Verein“ zu werden. Es wird anders sein, wenn Hoeneß und Rummenigge wirklich nicht mehr dabei helfen können. Aber es kann gut sein – wenn man aus ihrem Erbe Visionen spinnt.