„Er ist mehr als ein Mittelstürmer“: Elber über Kane, den er selbst als Ex-Torjäger bewundert. © IMAGO
Das magische Dreieck: Elber (r.), Balakov, Bobic. © imago
Der Moment der Gewissheit: Elber bei der Auslosung am vergangenen Freitag. Im Interview sagte er: „Ich hatte das Gefühl, dass es Leverkusen wird.“ © Flauraud/AFP
München – Am vergangenen Freitag richteten sich alle Augen auf ihn. Als Giovane Elber in Nyon die Loskugel hoch hielt, hatten die Bayern Gewissheit: Im Achtelfinale der Champions League geht es gegen Bayern Leverkusen. Ob das besser oder schlechter ist als ein Duell mit Atletico Madrid? Interpretationssache. Im Interview ordnet Elber sein Los ein – und spricht als Ex-Stuttgarter auch über das Gastspiel beim VfB, das an diesem Freitag (20.30 Uhr) ansteht. Ein Sieg ist dringend erwünscht, denn einen Stimmungsdämpfer kann niemand gebrauchen.
Herr Elber, waren Sie bei der Champions-League-Auslosung am Freitag die „Glücksfee“ oder die „Pechmarie“?
(lacht) Ich sehe mich immer eher als Glücksfee. Beide Lose sind schwere Aufgaben. Wir alle wissen, dass man in einem Achtelfinale an beiden Spieltagen alles abrufen muss.
Hatten Sie vorher Präferenzen mit auf den Weg bekommen?
Nein, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es Leverkusen wird. Und mal ehrlich: Es waren nur zwei Mannschaften da. Da war nicht viel Spielraum (lacht). Für die Fans ist ein deutsch-deutsches Duell nicht ideal, und ich selbst weiß noch, wie wir mal gegen Kaiserslautern oder Dortmund in der frühen Phase der K.o.-Runde gespielt haben – das ist vom Gefühl her etwas anderes als andere Champions-League-Abende. Du fliegst nicht weit, du kennst das Stadion, die Atmosphäre, die Fans. Als Spieler habe ich persönlich mich mehr gefreut, wenn es ins Ausland ging.
Wie waren die Reaktionen auf Losfee Giovane Elber generell?
Ich habe mit Emilio Butragueño von Real Madrid gesprochen und mich fast bei ihm entschuldigt, denn es tat mir leid, dass sie jetzt gegen Atletico spielen. Auch in Madrid hätte man lieber internationale Teams zu Gast gehabt.
Was sagen Sie mit ein paar Tagen Abstand: Wird das ein Fußballfest für Deutschland?
Es wird ein Fest für Deutschland, auf jeden Fall. Es geht um alles. Mit einem Sieg nach Leverkusen zu fahren, wäre für den Kopf wichtig.
In solchen Momenten hat der FC Bayern oft Größe gezeigt. Ist die Zeit reif für eine Revanche?
Das Wort Revanche höre ich nicht so gerne. Aber wenn es bis zum Ende der Saison nur noch Bundesliga-Spiele gibt, das ist nicht der Anspruch eines Spielers. Bayern-Spieler wollen zwei Mal in der Woche spielen (grinst).
Sie kennen die „Crunchtime“ – wie viel machen ab jetzt die Beine, wie viel der Kopf?
Das 4:0 gegen Frankfurt zuhause war für den FC Bayern sehr wichtig. Viele Chancen, viele Tore, hinten zu null: Das tat gut und gibt einen Schub, den man jetzt über den Südschlager beim VfB Stuttgart mitnehmen sollte.
Wie viel ist der Kopf schon bei Leverkusen?
Ganz hinten, denn in Stuttgart geht es auch um viel. Außerdem will man im Flow bleiben.
Auf welcher Seite haben Sie lieber gestanden, wenn der Südschlager anstand?
Als ich beim VfB war, habe ich immer gerne gegen den FC Bayern gespielt. In diesen großen Spielen wird man gemessen, ob man gut genug ist. So entstand auch die Möglichkeit, zu Bayern zu wechseln.
Was ist der VfB Stuttgart für Sie?
Ohne den VfB hätte ich in Deutschland keinen Fuß fassen können. Ich hätte da auch gerne noch länger gespielt, aber alles ist richtig gelaufen.
Wo ordnen Sie den VfB heute im deutschen Fußball ein?
Bayern und Leverkusen sind aktuell Spitze, aber Stuttgart muss man wie Dortmund, Leipzig oder Frankfurt immer im Blick haben. Es gab eine Zeit mit vielen Turbulenzen, aber seit in der Chefetage Ruhe herrscht und der Trainer in Ruhe arbeiten kann, hat sich alles super entwickelt. Einen großen Anteil hat Sebastian Hoeneß, den ich von Bayern gut kenne. Sie spielen einen wunderbaren Fußball, obwohl Serhou Guirassy gegangen ist. Die Säulen stehen, so kann man eine Mannschaft aufbauen.
Das Hinspiel endete 4:0, ein Hattrick von Harry Kane. Was sagt Ihr Stürmer-Herz, wenn Sie ihm zusehen?
Ganz einfach: Weltklasse! Was er für die Mannschaft macht, ist unglaublich. Für mich ist er kein klassischer Mittelstürmer, sondern viel mehr. Ich sehe ihn mehr an unserem Sechzehner als am gegnerischen. Und trotzdem ist er dann wieder da und macht die Tore. Bei mir war das anders.
Wie denn?
Ich habe immer Angst gehabt, in die Nähe unseres Sechzehners zu kommen. Ich wollte kein Eigentor oder Abwehrfehler machen (lacht).
Er ist überall auf dem Feld. Nur der Titel fehlt ihm.
Ich wünsche ihm von ganzen Herzen einen ganz großen Titel. Am besten die Champions League, noch besser in diesem Jahr in München.
Generell hat die Bayern-Offensive am Wochenende wieder gezaubert – und zwar alle Beteiligten. Merkt man, wenn man man in einer „magischen“ Konstellation spielt?
Natürlich. Das merkt man schon im Training. Bei den Bayern sieht das heute auch wieder toll aus. Alle strahlen Gefahr aus, das gibt eine breite Brust.
INTERVIEW: HANNA RAIF