Sonntagabend, Flutlicht, ein ausverkaufter Sportpark mit zwei emotionalen Fanlagern – und auch auf dem Platz die typischen Zutaten eines rassigen Derbys. Frech aufspielende Hachinger, behäbige Löwen, die trotzdem zweimal in Führung gehen. Am Ende ein 2:2-Unentschieden, das zwar keinem hilft – und trotzdem gerne genommen wird. Schön und mitreißend war’s an diesem 20. Oktober 2024, das sog. S-Bahn-Derby auf dem Weg, ein Drittligaklassiker zu werden.
Vier Monate später mischt sich ein ordentlicher Schuss Nostalgie in den Rückblick. Vielleicht gibt es am 15. März noch ein trauriges Wiedersehen in Giesing, doch mittelfristig könnte es das gewesen sein. Haching: Tabellenletzter in der 3. Liga, geplagt von einer undurchsichtigen Finanzkrise, die womöglich auch eine Führungskrise ist. Wie sonst kann es sein, dass die Gemeinde der SpVgg die Austragung von Drittliga-Heimspielen untersagt? Und 1860: Abgestürzt auf Platz 16, zuletzt mit acht Gegentoren in 180 Minuten und einer Testspielblamage gegen die eigenen Bayernliga-Amateure. Bei einer Niederlage in Hannover droht der Sturz unter den gefürchteten Strich. Die Mannschaft, die zuletzt wehrlos und desillusioniert wirkte, ist Ausdruck der internen Querelen, die den Verein seit Jahren belasten. Kurzum: Haching ist so gut wie abgestiegen, 1860 zumindest gefühlt.
Dabei ist es noch gar nicht lange her, da waren es sogar vier Münchner Clubs, die in der 3. Liga Derbys austrugen. Türkgücü musste im Frühjahr 2022 in die Insolvenz, die kleinen Bayern waren schon ein Jahr früher abgestiegen – als stolzer Meister der Saison 2019/20. Künftig, wenn nicht noch das eine oder andere Wunder passiert, könnte die 3. Liga eine freistaatfreie Zone werden. Bitter, wenn man bedenkt, welche Ambitionen jeder Club für sich hatte. Türkgücü wollte 1860 als Nummer zwei ablösen, 1860 gar die Nummer zwei im Freistaat werden, Haching wollte als FCB-Farmteam eine gesicherte Zukunft haben – und die kleinen Bayern wollen seit Jahren zurück in die 3. Liga, müssen sich aber schon wieder hinter Schweinfurt anstellen.
Gut möglich, dass sich ab Sommer alle vier Clubs in der Regionalliga Bayern wiedertreffen. Ein Armutszeugnis, denn in München müsste mehr möglich sein als FC-Bayern-Monokultur. Man muss es nur richtig anpacken, dann wäre auch in der Metropolregion des Südens Platz für einen weißblauen Kiezclub à la St. Pauli. Gewiss: Jeder Niedergang für sich hat(te) andere Gründe, und Haching ist in vielem das Gegenteil von 1860, trotzdem gilt für beide: Große Ziele lassen sich nur verwirklichen, wenn eine Vision Hand in Hand geht mit soliden Finanzen und Funktionären, die den Stolz leidenschaftlicher Fans wertschätzend behandeln. Und ihn nicht mit Vollgas gegen die Wand fahren.