Hat Ajax umgekrempelt: Trainer Franesco Farioli. © IMAGO/DeFodi
Amsterdam – Die Verbindung zwischen Francesco Farioli und Ajax Amsterdam hat viel mit Roberto De Zerbi zu tun, dem neuen Superstar der jungen Trainergeneration, mittlerweile bei Olympique Marseille. De Zerbi nämlich war es, der den aktuellen Ajax-Coach Farioli, der im besten Fall in unterklassigen Ligen Bälle gehalten hatte, zu US Sassuolo holte, als Torwarttrainer. Davor war Farioli mit 26 Jahren an der Aspire Academy in Katar tätig gewesen, er leitete die U16 an, aber De Zerbi hatte ihm den Weg gezeigt in den professionellen Fußball. Über Stationen in der Türkei bei Karagümrük, Alanyaspor sowie OGZ Nizza kam der mittlerweile 35 Jahre alte Italiener zum heutigen Achtelfinalgegner von Eintracht Frankfurt in der Europa League. Und Farioli fand eine Mannschaft vor, die eine ziemlich miese Saison mit vorübergehender Tuchfühlung zu Abstiegsplätzen gerade noch mit einem fünften Platz abgeschlossen hatte.
■ Wenig Spielfreude, aber auch wenig Gegentore
Farioli, der Philosoph im Trainingsanzug, stellte die Mannschaft ein wenig um, nutzte Elemente aus Systemtheorie und Strukturalismus und verordnete dem jungen Team einen anderen Spielstil als zuvor, vor allem agiert Ajax, trotz des traditionellen 4-3-3-Konzeptes, inzwischen deutlich effektiver. Diese Effektivität ging freilich zulasten des schönen Spiels. Waren Ajax-Teams jahrelang für attraktiven, spektakulären Fußball belobigt, so ist diese Spielfreude einer gewissen Zweckmäßigkeit gewichen. Ajax hat aktuell in 24 Liga-Spielen nur 18 Gegentore kassiert, selbst beim abgeschlagenen Tabellenletzten Almere City am vergangenen Wochenende reichte ihnen ein dünnes 1:0, Almere hatte mehr Ballbesitz, mehr Eckbälle, mehr Torschüsse. „Es sind gerade nicht die schönsten Blumen auf dem Feld“, beschrieb „de Volkskrant“ die Amsterdamer Genügsamkeit.
Dessen ungeachtet: Ajax, bei denen die ehemaligen Bundesligaprofis Davy Klaassen (rotgesperrt) und Wout Weghorst (Zehenbruch) fehlen, führt das Klassement sehr souverän mit acht Punkten Vorsprung (vor PSV Eindhoven) an. Anfang Dezember, und nach einer 1:2-Niederlage gegen AZ Alkmaar, rangierte Amsterdam noch neun Zähler hinter PSV – danach folgten neun Siege in Folge und der Platz ganz oben.
THOMAS KILCHENSTEIN