Gegen alle Widerstände

von Redaktion

Frühes 0:1, Elfer verschossen, Wolfram-Rot – Löwen erzwingen Derby-Wende

Nicht sein Spiel: Maximilian Wolfram hatte vor seinem Platzverweis bereits einen Elfmeter verschossen. © Sampics

Unter Beschuss: Haching-Fans warfen Bierbecher und einen Feuerwerkskörper auf Marco Hiller. © Sampics

Derbyheld: Tunay Deniz, seit Wochen in Topform, traf mit einem verzinkten Fernschuss zum 2:1-Sieg gegen Haching. © Sampics / S. Matzke

München – Maximilian Wolfram hatte zwangsläufig früher geduscht als die meisten seiner Kollegen. Nun stand der 1860-Profi am abfahrbereiten Bus und wartete – mit indifferenter Miene. Eine Mischung aus Erleichterung und Frust. Erleichtert war Wolfram, weil das Team trotz seiner beiden Aussetzer gewonnen hatte. In der 31. Minute hatte er einen Elfmeter verschossen und sich später übermotiviert vom Platz gefoult (73.). Frustriert wirkte Wolfram dennoch, denn im schlimmsten Fall verlängert sich für ihn die anstehende Ligapause bis weit in den April hinein. „Ich hoffe, ich komme mit einem Spiel Sperre davon“, sagte der Rotsünder. Sein Blick verriet: Gerade jetzt, wo‘s läuft, würde man doch gerne ein aktiver Part des Teams bleiben.

Mit einem hart erkämpften Sieg gegen Angstgegner Unterhaching haben die Löwen ihr Frühlingshoch fortgesetzt. Am 1. März um 14.45 Uhr schien die Regionalliga ein realistisches Zukunftsszenario zu sein – 1860 lag zur Pause beim Tabellenvorletzten hinten. Danach jedoch: Hannover gedreht (3:1), Dortmund II niedergerungen (1:0), Punkt in Wiesbaden ertrotzt (0:0) und nun auch noch die Verhältnisse im S-Bahn-Derby zurechtgerückt (2:1). Drei Siege gegen direkte Rivalen im Abstiegskampf, und nicht nur am Samstag bewiesen die Löwen Nehmerqualitäten.

Früher Rückstand nach einer Konfusion im Strafraum (Jastremski, 9.), Elfmeter verschossen, Fehlschütze Wolfram eingebüßt und am Ende beinahe auch noch Marco Hiller, der aus dem Haching-Block heraus mit Bierbechern und einem Feuerwerkskörper beworfen wurde – die Löwen haben gelernt, Widerständen zu trotzen. Auch Schiedsrichter Assad Nouhoum aus Oberweikershofen irritierte mit schwer verständlichen Entscheidungen, konnte den 1860-Lauf aber nicht stoppen. „Zehn Punkte aus vier Spielen, das ist schon ein Brett“, sagte Trainer Patrick Glöckner. Nicht zu vergessen: Nach dem Heimkomplex haben die Löwen auch ihr Haching-Trauma abgelegt. In der Tabelle ging‘s rauf auf Platz elf, das Polster nach hinten wirkt jetzt komfortabel.

Ausdruck des neuen Selbstbewusstseins ist die Körpersprache von Tunay Deniz, inzwischen der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Löwen. Bereits in Hannover hatte Deniz die Trendwende organisiert, ein Tor selbst erzielt und zwei aufgelegt. Am Samstag – nach dem Premierentreffer von Lukas Reich kurz vor dem Pausenpfiff – fasste sich der spielstarke Sechser erneut ein Herz und jagte ein Zuspiel von Abiama auf verzinkter Flugbahn ins Tor. Sorgen, erneut ein Derby zu verlieren, habe er sich auch nach dem frühen Rückstand nicht gemacht, gab Deniz zu Protokoll. „Wir wussten, wir haben mehr Qualität auf allen Positionen, das haben wir am Ende auch gezeigt“, sagte der Qualitätslöwe, ohne dabei überheblich zu wirken.

Auch für Hiller, der den Vorfall in seinem Strafraum herunterspielte („Bin nicht getroffen worden“), war der erste Derbysieg seit 2021 eine Genugtuung. „War brutal wichtig“, sagte er: „Am Anfang dachten wir, es geht mit einem Schritt weniger, wurden auch prompt dafür bestraft. Zum Glück sind wir dann aufgewacht und haben noch verdient gewonnen.“ Die nun folgende Pause kommt Hiller gelegen. „War schon eine anstrengende Woche“, sagte er: „Ich bin froh, dass wir so viele Punkte geholt haben.“ Nur Rotsünder Wolfram, der wirkte, als würde er am liebsten morgen schon wieder auf dem Rasen Gas geben.
ULI KELLNER

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