So fing alles an: Jonas Urbig ließ eine Flanke vor das Tor abprallen … © Koch/Imago
… und kurze Zeit später traf Benedict Hollerbach zum 1:1, Urbig war machtlos. © Gora/DPA, Feil/Imago
München – Jonas Urbig stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Es lief die 83. Minute beim Duell mit Union Berlin, der Keeper wollte eine Flanke des Köpenickers Josip Juranovic abwehren – und klatschte sie genau vor die Füße von Union-Stürmer Benedict Hollerbach, der locker ins leere Tor zum 1:1 einschob.
Durch seinen Patzer kostete der 21-Jährige dem FC Bayern zwei wichtige Punkte im Meisterkampf, Leverkusen konnte bei einem Sieg gegen Stuttgart (nach Red.-Schluss dieser Ausgabe) auf sechs Zähler heranrücken. Vor allem aber wirft er die Frage auf, wie weit der Keeper nach seinem unverhofft frühen Debüt im Bayerntor ist – und wie er mit solchen Rückschlägen umgeht. „Ich habe ihn weder nach dem Leverkusen-Spiel wahrgenommen als jemand der sagt: ‚Ich bin schon da.‘ Genauso wird er jetzt damit umgehen müssen“, sagte Sportvorstand Max Eberl nach Abpfiff in Berlin und spielte auf die Achterbahnfahrt Urbigs in den letzten elf Tagen an.
Schließlich musste das Torwarttalent im Achtelfinalhinspiel gegen Leverkusen plötzlich nach Manuel Neuers Jubel-Verletzung ran, kassierte anschließend beim Startelfdebüt gegen Bochum drei Gegentore und überzeugte dann im Rückspiel gegen Bayer mit starken Paraden. Zum Abschluss dieser Phase als vorübergehendem Stammtorwart – Neuer wird nach der Länderspielpause im Bundesligaspiel gegen St. Pauli (29. März) zurückerwartet – folgte nun ein Patzer.
„Wenn Torhüter in Gegentoren mit drinhängen, müssen sie damit umgehen. Aber da mache ich mir keine Sorgen“, gab sich Eberl ruhig. Auch Vincent Kompany sagte: „Wir haben den ganz großen Moment in Leverkusen erlebt. Jonas hat es überragend gemacht und wir sind ruhig geblieben. Und jetzt so ein Moment? Das gehört dazu.“
Nichtsdestotrotz dürften auch solche Szenen in die Bewertung der Bayernbosse fallen, wenn es um die Frage geht, wer Neuer nach dessen möglichem Karriereende im Sommer 2026 beerben soll.
Alexander Nübel, derzeit an Stuttgart verliehen und lange designierter Neuer-Nachfolger, bringt sich jedenfalls in Stellung. „Wenn Manuel irgendwann zurücktreten sollte, hoffe ich, dass ich dann in das Tor des FC Bayern kann. Ich freue mich auf diese Zeit, doch ich bin gleichzeitig relativ entspannt“, sagte Nübel der Welt am Sonntag. Und weiter: „Wenn ich zurückgehen und die Option bekommen sollte, in München die Nummer eins sein zu können, werde ich definitiv darum kämpfen, auch die Nummer eins zu sein. Ganz klar.“
Vom Patzer zum Lichtblick: Leroy Sané belebte nach seiner Einwechslung das ansonsten träge Offensivspiel, sein Tor zur zwischenzeitlichen Führung blieb der einzige Bayern-Treffer gegen die Köpenicker. Nach den erfolgreichen Vertragsverlängerungen von Alphonso Davies, Jamal Musiala und Joshua Kimmich stellt sich nun logischerweise die Frage, ob auch der Flügelspieler über den Sommer hinaus bleiben darf. Sanés Vertrag läuft im Sommer aus, für eine Verlängerung sei der Angreifer wohl bereit, möglicherweise auch auf Gehalt zu verzichten.
„Ja, wir schauen, wie es läuft“, sagte der 29-Jährige auf die Frage, ob er bleiben wolle. „Ich glaube, Max Eberl hat da auch schon viel zu gesagt.“ Der Sportvorstand ergänzte: „Wir reden ja nicht erst jetzt, wir haben schon Gespräche. Heute war die Einwechslung von Leroy sehr, sehr gut.“ Nach unseren Informationen ist die Entscheidung über einen neuen Vertrag noch völlig offen und wird maßgeblich anhand der nächsten Spiele getroffen.
VINZENT TSCHIRPKE