Emotionen wie ein stolzer Spanier: Hansi Flick: © AFP
Barcelona – Hansi Flick ist nicht für übermäßige Gefühlsausbrüche bekannt. Umso bemerkenswerter war die Euphorie, die der deutsche Trainer des FC Barcelona während des 4:2 seiner Elf am Sonntagabend bei Atlético Madrid ausstrahlte. Den entscheidenden Treffer des 17-jährigen Lamine Yamal zum 3:2 in der Nachspielzeit feierte er mit ausgelassenen Freudensprüngen. „Ich liebe es, für diesen Club zu arbeiten“, sagte Flick hinterher.
Hansi im Glück: Nach einer Schwächephase vor Weihnachten ist sein Barça wieder das Maß aller Dinge. Als einziger Club aus Europas großen Ligen ist es 2025 in allen Wettbewerben unbesiegt. U.a. wurde Erzrivale Real Madrid im Supercup-Finale mit 5:2 demontiert, souverän der Einzug ins Champions-League-Viertelfinale gegen Dortmund bewerkstelligt und in der Liga ein Sieben-Punkte-Rückstand aufgeholt. Mit einem Nachholspiel in der Hinterhand liegen die Katalanen punktgleich vor Real und jetzt vier Punkte vor Atlético.
Der Reifeprozess der zur Hälfte mit jungen Eigengewächsen bestückten Elf ist imposant. Zum Jahresende stürmte sie im Hinspiel gegen Atlético noch naiv ins Verderben, ließ haufenweise Chancen liegen und kassierte im letzten Angriff der Partie eine 1:2-Niederlage. Auch im Pokalhalbfinalhinspiel beider Teams vorigen Monat ließ sie sich noch einen 4:2-Vorsprung zu einem 4:4 aufholen. Doch nun gewann sie auswärts eine Partie, die sie eigentlich schon verloren hatte.
Nach 70 Minuten stand es dank blitzsauberer Konter 2:0 für die Madrilenen. Den ersten Treffer erzielte dabei Julian Álvarez, der Unglücksrabe der europäischen Fußballwoche. In der Stadt wird immer noch über wenig anderes gesprochen als seine vermeintlich doppelte Ballberührung im Elfmeterschießen gegen Real Madrid, die zur Annullierung durch den Var und dem CL-Aus von Atlético führte. Experten haben inzwischen dargelegt, warum es nicht nur ein abstruser, sondern wohl auch ein regelwidriger Eingriff war. Dass der Verein dennoch nicht juristische Schritte ergreifen will, sorgte für Unmut bei den eigenen Fans – bis sie sich von der Trotzreaktion ihres verwundeten Teams mitreißen ließen.
Ein 0:2 für eine der defensivstärksten Mannschaften der Welt – das galt eigentlich als unaufholbar. Doch dann verkürzte Robert Lewandowski (72.), ehe der eingewechselte Ferran Torres per Kopf ausglich (78.), Yamal per Schlenzer traf (90.+2) und Torres den Schlusspunkt setzte (90.+8). Der Senior, das Küken und ein Gelegenheitsgast – ganz so, wie es in einer „Familie“ sein soll. Als die bezeichnet Flick sein Team, und wer ihn kennt, weiß, dass er es ernst meint, wenn er sagt: „Das bedeutet mir viel.“
FLORIAN HAUPT