FORMEL 1

„Ich setze auf den Max-Faktor!“

von Redaktion

Red-Bull-Boss Marko über Saisonauftakt und WM-Kampf

Red Bulls Motorsportchef Marko (li.) glaubt an Verstappens nächsten Weltmeistertitel. © Imago

Max Verstappens Befürchtungen haben sich am Auftakttag zum Saisonstart der Formel 1 bestätigt. Der 27 Jahre alte Niederländer kam im neuen Red Bull in beiden Trainings in Melbourne nicht an die Bestzeiten heran. Die Tagesbestzeit sicherte sich Charles Leclerc im Ferrari. Gut eine Zehntelsekunde langsamer waren die beiden Fahrer von Konstrukteurs-Weltmeister McLaren – Lokalmatador Oscar Piastri und Lando Norris. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt Red-Bull-Boss Helmut Marko, warum er Verstappen trotzdem als Favorit sieht.

Herr Marko, Max Verstappen glaubt nach den Testfahrten an einen größeren Rückstand auf McLaren. Sie glauben, dass der sogenannte „Max-Faktor“ bei Red Bull & Co. den Ausschlag geben kann.

Die Verstappens sind eher pessimistisch, ich bin eher ein Optimist. Bei ihnen ist das Glas im Moment halb leer, bei mir halb voll. Grundsätzlich war McLaren in den Tests überlegen. Wäre Bahrain der Saisonauftakt gewesen, hätten sie sicher einen Doppelsieg gelandet. Bei uns ist noch Luft nach oben. Donnerstag ist gut gelaufen, dann war alles nur noch suboptimal.

So?

Manche neuen Teile haben funktioniert, manche nicht so. Aber was gut ist: Das Auto reagiert auf Veränderungen am Set-up. Das heißt: Im Gegensatz zur letzten sollte es uns diese Saison möglich sein, das Auto immer in ein gutes Arbeitsfenster zu bringen. Das war die große Schwäche 2024 und trotzdem ist Max Weltmeister geworden. Das heißt: Wenn wir nach unseren Verbesserungen nur noch vielleicht zwei, maximal drei Zehntel hinten liegen, kommt der Max-Verstappen-Faktor ins Spiel. Max ist fähig, im Rennen im Durchschnitt drei Zehntel pro Runde schneller zu fahren als der Rest. Deshalb sind wir, glaube ich, durchaus nicht chancenlos.

Wenn es nicht klappt? Kann man Verstappen dann noch halten? Aston Martin kennt den Max-Faktor ja auch.

Jeder würde Max gerne im Team haben. Unsere Aufgabe ist es, ihm ein Auto zur Verfügung zu stellen, mit dem er Rennen und Titel gewinnen kann. Wenn das so ist, und davon gehe ich aus, mache ich mir über einen Wechsel keine Sorgen.

Mit das größte Thema in der Formel 1 ist der spektakuläre Wechsel von Lewis Hamilton von Mercedes zu Ferrari. Wie denken Sie darüber?

Als ich vom Wechsel das erste Mal hörte, dachte ich, es sei ein Aprilscherz. Da es aber im Februar passierte, musste ich es dann glauben. Ich war aber nicht der Einzige, der überrascht wurde. Fragen Sie mal Toto Wolff! Man muss Lewis Hamilton aber verstehen. Ferrari ist eine ikonische Marke, bei Mercedes hat er alles erreicht. Zum Abschluss seiner Karriere will er sich noch einmal dieser großen Herausforderung stellen. Es wird nicht einfach für ihn, aber man darf ihn nicht unterschätzen. Er ist ein extrem schwieriger Gegner, wenn er das richtige Umfeld hat und die richtigen Rahmenbedingungen vorfindet. Sprich: Wenn er Vertrauen in die ganze Sache hat.

Das heißt?

Lewis hat mit Charles Leclerc als Teamkollegen einen der besten Qualifyer im Fahrerfeld. Wenn Lewis überhaupt eine Schwäche hat, dann im Qualifying, wenn es um die Startplätze im Rennen geht. Gegen George Russell hat er in den vergangenen Jahren sehr oft den Kürzeren gezogen, aber auch Bottas war in den Jahren zuvor das ein oder andere Mal schneller. Im Rennen ist er immer noch eine Macht. Also wird seine Qualifying-Leistung über seinen Erfolg bei Ferrari entscheiden. Denn wenn er immer fünf oder sechs Plätze hinter Leclerc startet, wird es sehr schwierig. Dann aufzuholen, ist fast unmöglich. Zum Beispiel, weil er dann die Reifen härter rannehmen muss und die dann zu früh an Leistung verlieren. Das Qualifying wird der Schlüssel sein.

Sie gelten als Mutter aller Talente-Entdecker. Fünf Rookies werden heuer ihr F1-Debüt geben: Gabriel Bortoleto, Kimi Antonelli, Oliver Bearman, Jack Doohan und Ihr Nachwuchsfahrer Isack Hadjer? Wie fällt Ihre Einschätzung zu Letzterem aus?

Er hat die Meisterschaft mit nur fünf Punkten Rückstand verloren, dabei 80 Punkte unverschuldet nicht bekommen. Im Gegensatz zu Bortoleto hat er aber vier Rennen gewonnen, also doppelt so viele. Das heißt, dass er schnell ist. Wenn seine Entwicklung weiter in die richtige Richtung geht und er seine Heißblütigkeit in den Griff bekommt, traue ich ihm schon eine große Zukunft zu.


INTERVIEW: RALF BACH

Artikel 5 von 11