Matchwinner Tom Kühnhackl (l.). © dpa/Uwe Anspach
Kampf um jede Scheibe – auch in der Bodenlage: Luke Esposito (Mannheim) und Filip Varejcka (München, vorne). © dpa/Uwe Anspach
München – Don Jackson zeigte sein Alles-schon-erlebt-Gesicht, als er die nach sieben Minuten der Verlängerung zustande gekommene 1:2-Niederlage zum Playoff-Viertelfinalstart in Mannheim resümierte: „Das war nur der Anfang. Wir wissen alle, worum es geht“, so der 68-Jährige, der ins Traineramt des EHC Red Bull München zurückgekehrt ist, „es ist Best of Seven.“ Und das klang wie eine Drohung: Die Serie wird den Rahmen an Terminen und Dramatik ausreizen. Der Auftakt habe schließlich gezeigt: „Es kann in beide Richtungen gehen.“
Wie nahe sich die beiden Teams von ihren Möglichkeiten sind, umschrieb Dallas Eakins, der Coach der Adler Mannheim, so: „Wenn wir dieses Spiel 50 Mal austragen, wird München 25 Mal gewinnen, und wir werden 25 Mal gewinnen.“ Statt Best of Seven könnte man also auch Best of Fifty-One spielen. Eakins macht gerne Scherze, deswegen meinte er, es sei gut von der DEL gewesen, das erste Spiel für Sonntag, 14 Uhr, angesetzt haben. „Das sollte die Zeit für alle Spiele sein“, sagt der Amerikaner und kündigt an: „Es wird lange Abende geben.“ Denkbar, dass die Verlängerung zum Standard in dieser Serie werde.
Wie hart gearbeitet werden muss, das zeigte sich an Andi Eder, als er in der zweiten Drittelpause beim Stand von 1:1 zu MagentaSport zum Kurzinterview kam. Der Münchner Stürmer schnaufte schwer, auf seiner Stirn glitzerten die Schweißperlen. „Mannheim macht das clever“, sagte er, „wir müssen schauen, dass wir den dritten Stürmer über ihre Verteidiger bringen, dann können wir noch eins schießen.“ Es ist ein beidseitiges Belauern, den anderen unter Druck setzen. Verbunden mit der Hoffnung auf den Fehler des anderen. „Volumen aufs Tor bringen, Chaos vor ihrem Tor stiften und die Scheiben reinmachen“, erläutert der Mannheimer Verteidiger Lukas Kälble das Konzept. In der Overtime ging es auf, aus einem erzwungenen Münchner Scheibenverlust im eigenen Drittel resultierte das 2:1-Siegtor für die Adler.
Tom Kühnhackl erzielte es. Bei dem Namen merkt man auf. Er ist der Sohn der deutschen Eishockey-Legende Erich Kühnhackl – und er hat eine eigene Geschichte, die einzigartig ist hierzulande: Zweimal gewann er den Stanley Cup in der NHL, mit den Pittsburgh Penguins. Nach einer Station in Schweden kehrte er vorige Saison nach Deutschland zurück, der EHC München hätte ihn natürlich gewollt, doch Mannheim zahlte besser, er gilt als erster Spieler in der DEL, der die Grenze von 200000 Euro netto beim Jahresgehalt überschritt. Vor diesem Hintergrund war das erste Jahr in Mannheim mit neun Toren enttäuschend, und auch im zweiten Jahr glänzt die Statistik mit je zehn Treffern und Vorlagen aus der Hauptrunde nicht. Doch der 33-Jährige hat sich nun in einer funktionierenden Sturmreihe mit Marc Michaelis und Matthias Plachta gefunden – und jetzt ist seine Jahreszeit. „Spieler wie Tom“, sagt Dallas Eakins, „sind dafür gemacht. Sie haben das oft erlebt, und genau diese Spieler sind es, die in der Verlängerung solche Tore machen.“
Vielleicht wird Kühnhackl zum X-Faktor der Serie. Und womöglich begünstigt es die Adler, dass sie eine solch reiche Auswahl an Personal haben, dass sie den Ex-Münchner Austin Ortega auf die Tribüne setzen konnten, während der EHC seinen Torjäger Chris DeSousa, der am Mittwoch im zweiten Spiel noch gesperrt fehlen wird, doch spürbar vermisste.
GÜNTER KLEIN