Es ist noch gar nicht so lange her, eine gute Woche erst, da rümpften die Frankfurter Ultras die Nase über die eigenen Fans auf der Gegentribüne und brachten ihre Geringschätzung lautstark zum Ausdruck. „Und Ihr wollt Eintracht Frankfurt sein?“, riefen sie den Menschen hinterher, die angesichts einer schwachen Leistung der Mannschaft und einem Rückstand gegen Union Berlin kurz vor Schluss das Weite suchten.
Der gesungene Tadel aus den eigenen Reihen mag sogar nachvollziehbar sein, als Unterstützer geht man nicht einfach früher, wenn es mal nicht läuft wie gewünscht. Da muss man kein Hardcore-Fan sein, um das nicht zu goutieren. Aber geht man als Hardcore-Fan einfach, wenn man sich selbst regelwidrig verhält? Sogar noch vor dem Anpfiff. Lässt man die Mannschaft im Stich und verlässt fluchtartig das Stadion, wie Kindergartenkinder aus dem Sandkasten flüchten, wenn das Förmchen weggenommen worden ist? Nur weil man ein Banner abnehmen soll, das (ganz gewiss nicht zufälligerweise) ein Fluchttor blockiert? Ist man dann, siehe oben, Eintracht Frankfurt? Wie ist das mit dem berühmten Slogan: Keiner ist größer als der Verein? Außer die Ultras selbst?
Am Sonntag in Bochum hat die Frankfurter Fangruppierung die Muskeln spielen lassen und demonstriert, wie groß die Macht der Kurve sein kann. Es war eine lupenreine Selbstinszenierung in vollem Bewusstsein, sicherlich auch ein Zeichen. Denn es ist nicht neu, dass Fans, nicht nur Ultras, über zunehmende Gängelung und Repressalien klagen – als Widersacher ist seit einiger Zeit die Feuerwehr hinzugekommen, die durch ihre Vorschriften vielen Beinharten ein Dorn im Auge ist.
Und natürlich muten Bilder von einer völlig zugehängten Dortmunder Kurve im Bochumer Ruhrstadion in diesem Zusammenhang zumindest mal seltsam an. Auch die Frage, weshalb der VfL nicht in der Lage ist, eine andere Lösung mit den Fluchttoren zu finden, liegt nahe. Der Zwischenfall vom Sonntag war schließlich nicht der erste dieser Art.
Die Banner-Posse von Bochum zeigt aber auch ganz deutlich, dass Ultras in einer Parallelwelt nach ihren Regeln leben. Sie bestimmen, wie etwas zu laufen hat. Und der Verein schaut zu, setzt auf Dialog – und blecht. Es wirkt befremdlich, wenn, wie in Bochum, der Kapitän, der Sportdirektor, der Teammanager und zwei Vorstände vor der Kurve betteln müssen, dass eine Fahne abgenommen wird. Absurd.