Klare Worte: 1860-Coach Patrick Glöckner im Gespräch mit Redakteur Marco Blanco Ucles. © TSV 1860
Der Chef gibt die Richtung vor: Patrick Glöckner warnt eindringlich davor, sich im Abstiegskampf zurückzulehnen. © Sampics
München – Länderspielpause, Zeit zum Durchatmen beim TSV 1860. Unter Trainer Patrick Glöckner haben sich die Sechzger stabilisiert. Am Ziel sind die Löwen jedoch noch lange nicht, betont der 48-Jährige im Interview mit unserer Zeitung:
Herr Glöckner, wissen Sie, was am 1. März um 14.50 Uhr passiert ist?
Angefangen habe ich am 20. Januar. Das erste Tor kann es also nicht gewesen sein, wäre etwas spät (lacht). Da müssen Sie mir bitte helfen.
Halbzeitpause in Hannover, die Löwen lagen 0:1 hinten, der Sturz auf den Abstiegsplatz drohte. Seitdem läuft es richtig gut bei 1860. Was ist da passiert in der Kabine?
Wir haben das Spiel neu angeordnet, zwei Wechsel vorgenommen. Da ist nichts Verrücktes passiert, wir haben uns einfach neu justiert.
Zehn Punkte aus den letzten vier Spielen. Treten Sie auf die Euphorie-Bremse oder lassen Sie den Flow laufen?
Laufen lassen kannst du es nie, man muss immer an den Schwerpunkten arbeiten, die Prinzipien verinnerlichen – offensiv wie defensiv. Das ist auch der Schlüssel, wieso wir defensiv aktuell stabil stehen. Wir glauben momentan daran, die Spiele auch drehen zu können. Wir dürfen nicht übermütig werden oder in irgendeiner Form einen Höhenflug kriegen, weil wir denken, dass wir schon etwas erreicht hätten. Es sind nur fünf Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge.
Stichwort Höhenflug: Wie schaffen Sie es, das Umfeld einzufangen?
Ich erwähne es schon in jedem Interview (lacht). Wir haben noch nichts erreicht. Jedes Spiel ist ein Endspiel, davon weiche ich auch nicht ab. Wer die Situation nicht verstanden hat, hat auf dem Platz nichts zu suchen.
Was macht Ihre Mannschaft mittlerweile besser als bei Ihrem Amtsantritt?
Prozesse brauchen Zeit. Man sieht eine Entwicklung in allen Bereichen, taktisch, physisch und individuell. Das macht Spaß. Erfolg ist die Quintessenz in Sachen Leichtigkeit.
Wie erleichtert sind Sie, dass das Thema „Heimkomplex“ ein Stück weit vom Tisch ist?
Das Stadion geht unwahrscheinlich gut mit, wenn die Mannschaft sich zerreißt. Das reicht schon. Das habe ich den Jungs gesagt. Es war wichtig, dass sie das verinnerlichen.
Drei der ersten vier Teams in der Formtabelle kommen aus dem Tabellenkeller. Abstiegskampf auf hohem Niveau…
Wir wollen unsere 46 Punkte holen, weil ich weiß, dass wir sie definitiv brauchen werden. Es stehen viele große Vereine da unten. Ich weiß momentan nicht, wer da absteigen soll, ehrlich gesagt.
Die Länderspielpause im März wird normalerweise zu Vertragsgesprächen genutzt. Viele Leistungsträger haben ab Sommer keinen Vertrag mehr. Inwiefern bringen Sie dabei Ihre Wünsche mit ein?
Gar nicht. Diese Gespräche führe ich nicht. Es sind noch neun Spiele und jeder Spieler hat die Chance, sich zu beweisen. Der Fußball ist zu schnelllebig, um jetzt bereits ein Urteil über Spieler zu fällen.
1860 ist ein chaotischer, aber durchaus liebenswürdiger Verein. Wie ist es, von außen in dieses pulsierende Umfeld zu kommen?
Ich kann nur positiv über den Verein reden, wir haben hier professionelle Bedingungen. Zum Negativen kann ich nichts sagen: Ich konzentriere mich ausschließlich auf mein Team.
Hatten Sie nach dem 2:1-Erfolg gegen Haching einmal Zeit, das Geschehene Revue passieren zu lassen?
Am Sonntag bin ich in die Heimat gefahren, aber nur für einen Tag. Tatsächlich habe ich aber meinen Sonntag damit verbracht, alle drei Drittliga-Spiele im Fernsehen zu verfolgen (lacht), ganz abschalten kann man einfach nicht.
In Ihrer Karriere waren Sie oft Konzepttrainer, wollten etwas aufbauen. Jetzt hier der Einsatz als Feuerwehrmann. Wo liegen die Vor- und Nachteile?
Bei einem Bestandskader liegt der Fokus darauf, innerhalb des Systems die Stärken jedes einzelnen Spielers herauszuarbeiten und das System gegebenenfalls anzupassen. Im Laufe einer Entwicklungszeit kann man ganz anders mit den Spielern umgehen und einiges an individueller Entwicklung vorantreiben.
Hätten Sie Lust, bei 1860 von einem Feuerwehrmann langfristig zu einem Konzepttrainer zu werden?
Der Wunsch ist es erstmal, das Ziel Klassenerhalt zu erfüllen und über nichts anderes mache ich mir momentan meine Gedanken. Aber eines kann ich sagen, dass ich mich hier rundum wohlfühle und sehr zufrieden bin.
INTERVIEW: BLANCO UCLES