An Dramatik herrscht kein Mangel, wenn eine Mannschaft, die 3:0 geführt hat, sich eines 3:4 erwehren muss – fraglos also hat das deutsche 3:3 gegen Italien einen hohen Erinnerungswert, den Spielverlauf wird man in ein paar Jahren vielleicht mal wieder zitieren, falls sich Ähnliches zuträgt. Doch genau genommen war, was man in Dortmund erlebte, das gedämpfteste der vier Viertelfinal-Rückspiele in der Nations League. Auf allen anderen Plätzen: Verlängerung, zweimal sogar Elfmeterschießen. Die Zusammenfassungen offenbaren, mit welcher Leidenschaft die Spieler am Werk waren.
Solche Offensivschlachten sind wahrlich nicht die Norm. Dass es sie am Sonntagabend gegeben hat, mag daran liegen, dass die Nations League zwar ein Format ist, das an Reputation gewonnen, aber nicht die Schwere eines großen Turniers wie Welt- oder Europameisterschaft hat. Es spielt sich ein wenig unbeschwerter. Jedenfalls wurde der Punkt erreicht, an dem die Beteiligten einen spürbaren Antrieb entwickelt hatten, das Spiel zu gewinnen, unabhängig von dem damit verbundenen Preis. Das war eine sehr schöne Sache – und deshalb wünscht man der Final-Four-Veranstaltung im Juni, dass sie würdig besetzt sein wird. Die Teams haben sich das Anrecht erworben, in München und Stuttgart so vertreten zu sein, wie sie sich qualifizierten.
Ob das aber so sein wird? Man erschrickt ja geradezu, wenn man sich den potenziellen Spielplan der Starkicker ansieht, wenn die nationalen Ligen zu Ende gegangen sind. 31. Mai, Finale der Champions League, 4. Juni, Halbfinale Nations League, ein paar Tage später womöglich das Endspiel – und dann ab zur Club-Weltmeisterschaft nach Amerika, in eine andere Zeit- und Klimazone. Noch sind das theoretische Modelle – doch man kann sich vorstellen, was, träfe es Münchner Edelkräfte wie Joshua Kimmich und Jamal Musiala, das für Diskussionen und das zugehörige Gezerre auslösen würde. Was könnten sie überhaupt spielen, wann würden sie sich mit wem vorbereiten? Und auch muss gefragt werden: Was macht neben der körperlichen die mentale Beanspruchung mit ihnen?
Da gerät der Fußball in eine richtige Falle. Wobei gar nicht mal die FIFA die Hauptschuldige ist mit ihrer Vereinsweltmeisterschaft, sondern die UEFA (unter Termindruck der FIFA, schon klar), die sich mit zwei Wettbewerben selbst im Weg steht. Trifft es nicht die Bayern, dann eben andere.
Aus Fürsorge müsste irgendwas weggelassen werden. Doch die Nationalmannschaften haben gezeigt, dass sie nicht die Leidtragenden sein sollten. Es ist und bleibt ein Dilemma.