Leon Goretzka (unten) hat sich wieder nach oben gekämpft. © Gambarini/dpa
Mit der Club-WM-Trophy: Bayern-Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenige und DAZN-Chefin Alice Mascia.
München – Für Karl-Heinz Rummenigge hatte der Samstag im BMW Park gleich mehrere Besonderheiten. Zum einen trafen im Rahmen der „Infinity League“ von Streaming-Sender DAZN der FC Bayern und Inter Mailand zu einer Generalprobe für das Champions-League-Viertelfinale aufeinander. Zum anderen war der langjährige CEO und heutige Aufsichtsrat des FC Bayern der Trophäe der Club-WM bei ihrer ersten Station in Deutschland ganz nah. Über das neue Turnierformat, das Duell seiner beiden Ex-Clubs und den Fall Goretzka sprach der 69-Jährige im Interview.
Herr Rummenigge, im Rahmen der Infinity League sind der FC Bayern und Inter Mailand schon aufeinandergetroffen…
(schmunzelt) Heute hat der FC Bayern 9:3 gewonnen. Aber ich befürchte, das Champions-League-Spiel wird nicht so ausgehen.
Auf was für Spiele stellen Sie sich ein? Wer ist Ihr Favorit?
Wir werden einen Schuss Demut brauchen – es braucht keiner zu glauben, wir sind Favorit. Das sind wir nicht! Inter hat eine tolle Abwehr, ihre Defensive verdient eine 1+. Dazu mit Lautaro und Thuram auch einen guten Sturm. Im Mittelfeld sind wir etwas dominanter, aber wir müssen versuchen, im Hinspiel schon ordentliches Ergebnis zu erzielen. Denn drüben in Mailand wird der Kessel in San Siro kochen.
Wie zufrieden sind Sie denn mit dem Niveau der Bayern aktuell? Es gab Höhen und Tiefen…
Leverkusen war top, beide Spiele, muss man sagen. Wir waren ja auch nicht unbedingt der große Favorit. Was mir aber, wenn ich ehrlich bin, gestunken hat: Wenn du 2:0 zu Hause führst gegen Bochum, musst du gewinnen. Und dann die zwei Punkte, die wir verloren haben in Berlin, die tun uns jetzt weh. Diese fünf Punkte, wenn wir die mehr auf dem Konto hätten, dann könnten wir etwas entspannter Richtung Meisterschaft gehen. So müssen wir jetzt jedes Spiel auch wieder voll konzentriert spielen.
Heißt das, Sie trauen Leverkusen da auch noch was zu?
Ja, wir haben die Tür aufgemacht und Leverkusen hat sie in Stuttgart genutzt. In der 75. Minute hätte ich nicht unbedingt viel Geld darauf gesetzt, dass die noch gewinnen, aber sie haben gewonnen. Das ist das Leverkusen, was im letzten Jahr auch Deutscher Meister geworden ist.
Wie wichtig wäre es, einen fitten Manuel Neuer im Endspurt – vor allem gegen Inter – im Tor zu haben?
Ich weiß jetzt eigentlich nicht, wie stark er verletzt ist. Aber es wäre natürlich besser, er könnte spielen. Zum Glück haben wir aber jetzt vier Torhüter im Moment in Toto. Bei Jonas Urbig, der jetzt zur von der U21 zurückkommt, muss man mal abwarten, wie schlimm verletzt er ist. Im Fall der Fälle haben wir immer noch Daniel Peretz, der jetzt schneller zurückgekommen ist als ursprünglich gedacht. Wir werden also auf jeden Fall einen Torwart haben, das ist sicher (lacht).
Werden Sie zum Reisetross nach Mailand gehören?
Ich habe gesagt: ich entscheide nach dem Hinspiel…
Die Trophäe der Club-WM war bei der Infinity League auch zu sehen. Welchen Stellenwert hat die Club-WM für die Bayern im Sommer?
Ich habe ja das große Glück gehabt, sie zu gewinnen. 1976 als Spieler, im Management 2001 und 2020. Im Vergleich zu damals wird es jetzt wesentlich schwieriger. Es nehmen jetzt alleine zwölf Top-Mannschaften aus Europa teil. Man muss der FIFA ein großes Lob aussprechen. Was die FIFA da gemacht hat, ist eine Weltsensation.
Das Ziel ist der Sieg?
Man muss da mit dem Anspruch hingehen, ein gutes Turnier zu spielen – und das Turnier auch möglichst zu gewinnen. Das erste Turnier in diesem Format ist historisch. Es ist wichtig, dass wir da nicht hingehen und nicht sagen: „Oh jetzt wieder ein Turnier mehr, so ein Stress!“ Sondern dass wir hingehen und einfach Spaß haben. Bayern München hat nicht umsonst ein Büro in New York, das das Ziel hat, Bayern München den amerikanischen Fans nahezubringen. Wann kann man das besser, als während so einer Club-Weltmeisterschaft – mit dem Ausblick, dass ein Jahr später dann die Weltmeisterschaft dort stattfindet? Das ist eine große Chance, die wir nutzen sollten. Und bei uns wird sich auch keiner wehren, wenn die mit der schönen Trophäe zurückkommen.
Es geht auch um eine Stange Geld. Ist das auch nochmal ein Grund, die Sinne der Spieler zu schärfen?
Ja, da kann ich Sie bestätigen. Es geht auch um Geld, viel Geld – und das ist ein Stück Motivation mehr. Es ist ja bekannt, dass die letzten Vertragsverlängerungen alle recht ordentlich waren, und wenn man dann zumindest die Möglichkeit hat, bei einem Turnier auch viel Geld zu verdienen, vor allen Dingen von Runde zu Runde, in der man weiterkommt, dann sollte man die Chance nutzen.
Auch Leon Goretzka wird wohl weiterhin ein wichtiger Teil des Teams sein. Freut Sie die Entwicklung, die er gerade durchmacht?
Es freut mich, weil ich finde, er hat es sich auch verdient. Ich finde, er hat sich unglaublich seriös und auch klug verhalten. Das, was man ihm da zum Teil zugemutet hat, hat er angenommen und hat sich durchgesetzt. Und ich kann mir vorstellen, im Moment ist er total happy. Ich möchte aber auch etwas klarstellen.
Bitte!
2023, als wir den Sommertransfermarkt gemacht haben, war es kein Offizieller von Bayern München, sondern der damalige Trainer, der ihn nicht mehr bei Bayern München sehen wollte. Bis heute hat sich kein offizieller negativ über Leon ausgelassen. Bei Thomas (Tuchel/d. Red.) war das so. Das war schwierig genug. Und wenn das dann permanent noch in Medien reingelegt wird, dann ist es doppelt schwierig. Aber ich finde es toll, wie sich Leon jetzt zurück in den Fokus katapultiert hat.
AUFGEZEICHNET VON:
HANNA RAIF