Hier lässt sich‘s aushalten: Mantl am Meer. © Insta
Reaktionsschneller Schlussmann: Portugal-Legionär Nico Mantl in Aktion – damals noch im Haching-Trikot. © Imago
Die Champions League bleibt sein Ziel: Das frühere Hachinger Torhüter-Talent Nico Mantl, jetzt beim FC Arouca in Portugal. © IMAGO
Arouca – Sport verbindet. Überall auf der Welt. Das weiß spätestens jetzt auch Nico Mantl. Vor einigen Wochen stand der 25-Jährige auf einem Golfplatz in Portugal. Der Betreiber der Anlage organisierte ihm einen Mitspieler. José Antonio, 71 Jahre alt, kaum Englisch-Kenntnisse. Mantl selbst kann nur ein paar Brocken Portugiesisch. Die Männer verständigen sich mit einer vermischten Sprache sowie Händen und Füßen – es funktioniert. „Als er erfahren hat, was ich beruflich mache, wollte er ein Selfie mit mir machen, danach noch auf ein Bier einladen“, erzählt Mantl lachend.
Beim Namen Mantl dürfte es – ähnlich wie José Antonio – vielen bayerischen Fußballfans im Hinterkopf klingeln. Dem Profi-Torhüter gelang einst mit 19 Jahren der Durchbruch bei der SpVgg Unterhaching. Schnell entwickelte sich der junge Keeper zu einem der besten Schlussmänner der 3. Liga, es kommen Junioren-Nationalspiele für Deutschland hinzu. Schnell ist klar: Für Haching, zu dessen Kapitän Markus Schwabl der Kontakt heut noch intensiv vorhanden ist, ist er nicht lange zu halten. Im Januar 2021, mit 20 Jahren, folgt der nächste Schritt. RB Salzburg, Branchenprimus in Österreich und seit Jahren regelmäßiger Gast in der Champions League, lockt. Der Traum von der Königsklasse, von der größtmöglichen Fußball-Bühne, zieht Mantl ins Nachbarland, Unterhaching kassiert eine Ablösesumme von zwei Millionen Euro.
Ein Champions-League-Spiel wird Mantl für Salzburg, wo er unter anderem mit dem heutigen Leipziger Benjamin Šeško – „Bester Mitspieler, den ich je hatte, unglaublich“ – nie absolvieren. Auch in der österreichischen Bundesliga darf er nur sechs Mal ran. Eine schwierige Zeit, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt: „Es ist vieles nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe. In Salzburg ging das Trainerkarussell los. Nach kurzer Zeit kam ein neuer Coach, der nicht auf mich gebaut hat.“ Die Entwicklung stagniert, der Keeper braucht Spielzeit. Es folgen Leihen nach Dänemark – erst Aalborg, dann Viborg. Im Sommer 2024 dann der endgültige Schlussstrich in Salzburg. „Ich wollte weg, endlich wieder jedes Wochenende auf dem Platz stehen.“ Der portugiesische Erstligist FC Arouca schnappt zu, überweist 500 000 Euro nach Salzburg und holt Mantl auf die iberische Halbinsel.
FC Wer? Arouca selbst ist eine Kleinstadt, etwas mehr als 20 000 Menschen leben hier. Mantl entscheidet sich, ins rund 60 Kilometer entfernte Vila Nova de Gaia zu ziehen, wie viele andere Arouca-Spieler auch. „In Arouca war mir zu wenig los. Jetzt wohne ich in Vila Nova de Gaia, direkt neben Porto. Nur ein Fluss trennt die Städte. 40 Minuten brauche ich ins Training nach Arouca.“
Mantl genießt das Leben in Südeuropa – und stellt auch auf dem Fußballplatz Unterschiede zu Deutschland fest: „Hier spielen viele Brasilianer, viele Straßenfußballer. In Deutschland wird mehr auf Taktik geachtet, mehr gearbeitet.“ Seine Anweisungen vom Trainerteam erhält er manchmal auf Portugiesisch, meistens auf Englisch. Und wenn etwas schiefläuft? „Ich fluche auf Deutsch, da versteht mich niemand“, erzählt Mantl und lacht.
Fernab von der oberbayerischen Heimat, aber an einem Ort, an dem andere Urlaub machen. Mantl genießt die Vorzüge, die so ein Leben am Atlantik mit sich bringen. „Ich wohne eine Minute vom Strand entfernt. Wenn wir nur morgens trainieren, kann ich mich am Nachmittag an den Strand legen. Neulich waren wieder Freunde aus dem kalten München da – denen hat das hier auch ganz gut gefallen.“ Die Sehnsucht nach zu Hause will das Unterhaching-Eigengewächs aber nicht leugnen. „Natürlich ist es schwierig, wenn du weit weg von daheim bist. Auch mit der neuen Sprache war es anfangs alles andere als leicht. Mittlerweile wird es aber besser, einkaufen und Essen bestellen – häufig Fleisch mit Reis und schwarzen Bohnen – kriege ich ganz gut hin.“
In Portugal wird alles überstrahlt von den drei großen Clubs Benfica Lissabon, Sporting Lissabon und dem FC Porto. Dahinter klafft eine Lücke – in vielen Bereichen. „Natürlich haben wir hier nicht so viele Zuschauer in Arouca, es ist ein kleines Stadion. Das beste Erlebnis bislang war das Spiel in Porto, das Stadion ist sehr geil. Es heißt ja auch Drachenstadion, bei Toren von Porto schießt das Feuer an der Seite hoch.“ Damit Mantl dieses Highlight auch kommende Saison erleben darf, müssen er und Arouca noch ein paar Punkte sammeln, derzeit beträgt der Vorsprung auf die Abstiegszone fünf Zähler.
Mantl ist 25 Jahre jung, wo soll es noch hingehen? „Klar habe ich einige Jahre jetzt verloren. Aber es heißt oft, dass die Primetime eines Torhüters mit 28, 29 kommt. Ich will jetzt hier nicht zwingend schnell wieder weg.“ Doch der Keeper betont: „Natürlich bleiben die Top-5-Ligen das Ziel.“ Dabei müsse es allerdings nicht zwingend die Bundesliga sein. „Ich liebe die Kultur und das Wetter hier. Wenn jetzt also ein spanischer Verein kommen würde, sage ich wahrscheinlich auch nicht Nein. Momentan will ich einfach die Zeit hier genießen.“
Der Traum von der Champions League lebt weiter in Mantl. Bis dahin heißt es Leistung zu zeigen – und die Sprache weiter zu lernen. „Mit Portugiesisch versteht man auch Spanisch sehr gut und kann leichter Italienisch lernen“, erklärt der gebürtige Münchner. Und wer weiß: Manchmal folgen auf einen Schritt zurück zwei nach vorne. Die Portugiesisch- und Golfkenntnisse haben sich jedenfalls schon verbessert, José Antonio sei Dank.
MARCO BLANCO UCLES