Siegerknäuel II: Das letzte Erfolgserlebnis von Alonsos Team ist nicht so lange her – am letzten Spieltag in Stuttgart. © IMAGO
Siegerknäuel I: Kompany feierte Bayerns letzten Bundesliga-Sieg (Ende Februar in Stuttgart) mit den Spielern. © IMAGO
München – Auch wenn die vergangenen Tage mit Blick auf die Hiobsbotschaften um Alphonso Davies und Dayot Upamecano bitter waren: Immerhin gibt es ab sofort wenigstens einen Grund für die Bosse des FC Bayern, einmal tief durchzuatmen. Die vierte Abstellperiode der Saison ist beendet, alle Nationalspieler sind zurück an der Säbener Straße – seit Donnerstag also darf die volle Konzentration dem Endspurt im roten Trikot gelten. Das Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen St. Pauli läutet die von Max Eberl so gerne zitierte „Crunchtime“ der ersten Saison unter Vincent Kompany ein. Im Optimalfall geht sie bis zum 31. Mai, dem Tag des „Finals dahoam“. Im schlechtesten Fall ist am 17. Mai in Hoffenheim Schluss. Und im Falle des Super-GAUs: ohne Trophäe.
Natürlich möchte man daran intern nicht allzu viele Gedanken verschwenden. Aber weil der Blick auf die Tabelle halt „nur“ noch sechs Punkte Vorsprung auf Bayer Leverkusen aufweist, ist zumindest logisch, das ein Nachlassen in der Liga absolut verboten ist. Nicht nur Karl-Heinz Rummenigge hat in den vergangenen zwei Wochen mal die simple Kopfrechnung angesetzt, wie das Bundesliga-Ranking aussähe, hätte man in Bochum nicht mit 2:3 verloren und das 1:1 bei Union Berlin siegreich gestaltet. Fünf Punkte mehr auf dem Konto wären es, vor allem aber hätte der Rekordmeister elf Punkte Vorsprung auf Leverkusen, das zeitgleich einmal gewonnen und einmal verloren hat. Der Meistertitel wäre so gut wie sicher gewesen, die aktuelle Ausgangslage aber brachte Rummenigge zu der Aussage: „Wir sollten uns nicht zu sicher sein.“
Der Aufsichtsrat hat Worte wie diese am vergangenen Wochenende mehrfach wiederholt. Und er sagte auch: „Wir haben die Tür aufgemacht.“ Noch ist es nur ein kleiner Spalt, aber weil der Ex-CEO beim jüngsten Sieg in Stuttgart „das Leverkusen gesehen hat, was im letzten Jahr auch Deutscher Meister geworden ist“, warnt er gerne eindringlich. Wie groß die Signalwirkung der Partie gegen Pauli ist, weiß man auch intern. Trotz all der Rückschläge und einer improvisierten neuen Abwehrreihe darf man bloß kein Anzeichen von Schwäche zeigen – sonst kann es ganz schnell gehen.
Ein Blick auf das Restprogramm in der Liga zeigt, wann und wo die vermeintlich größte Stolpergefahr droht. Der psychologische Vorteil liegt an diesem Wochenende beim Meister, der bereits am Freitag gegen Bochum vorlegen und den Druck über Nacht erhöhen kann. Genau anders herum ist es in der kommenden Woche, in der Bayern am Freitag in Augsburg gastiert und Bayer am Samstag in Heidenheim ran muss. Die restlichen Gegner im Spieltags-Vergleich Bayern/Leverkusen: Dortmund/Union (29.), Heidenheim/St. Pauli (30.), Mainz/Augsburg (31.), Leipzig/Freiburg (32.), Gladbach/Dortmund (33.) und Hoffenheim/Mainz. (34.). Beide Teams also müssen noch gegen den BVB und vor allem den Tabellendritten Mainz ran, keiner muss mehr nach Stuttgart oder Frankfurt. Das Restprogramm: ähnlich schwer.
Es wird also auch um die „weichen“ Faktoren gehen. Also: Doppelbelastung – bei Bayern können fünf Champions-League-, bei Leverkusen zwei Pokal-Spiele hinzukommen. Die Verletzten – bei Bayern zerfällt die Abwehr, bei Leverkusen fehlt Schlüsselspieler Florian Wirtz. Die Begleitumstände – wie etwa die Zukunft von Xabi Alonso. Die Nerven zu bewahren, wird aus Bayern-Sicht der Schlüssel sein. Gelingt das, dürfte am 32. Spieltag der Titel fix sein – und die Bosse könnten zweimal tief durchatmen.
H. RAIF, M. BONKE, P. KESSLER