ZUM TAGE

Mehr Solidarität mit der Deutschen Bahn

von Redaktion

1860-Fans randalieren im Zug

Wir sind enttäuscht von den Fans des TSV 1860 München. Zunächst aus dem einen Grund: Die Strecke Osnabrück – München überwiegend im ICE zurückzulegen, zeugt von bürgerlicher Bequemlichkeit. Da haben Fußball-Reisende schon ganz andere logistische Meisterleistungen vollbracht: Mit dem Deutschland-Ticket – oder wenn wir uns ein paar Sommer zurückerinnern: dem 9-Euro-Ticket – ans andere Ende der Republik zu touren, das hat Charme und würde doch viel besser passen, wenn man einem Verein anhängt, der immer mit den Finanzen zu kämpfen hat und sich der Volkstümlichkeit verpflichtet sieht. Hingegen der ICE mit seinen Schnellstrecken-Abschnitten – zwar kein Travelling in der Investorenklasse (das wäre der Inlandsflug), aber näher an Ismaik als am e.V.

Dann – und daran gibt es nullkommanichts zu rechtfertigen – ziemt es sich natürlich nicht, einen Zug so zu hinterlassen, dass er, um in der Sprache des Fußballs zu bleiben, erst einmal verletzt ausfällt. Wir wollen nicht zu harsch sein in unserem Urteil: Wenn Tische zur Klebefläche von Löwen-Botschaften werden, sind das leichte Schürfwunden, die schnell verheilen (ein Durchgang der Reinigungskolonne, die nach Ende der Dienstfahrt eh durch die Abteile gehen muss). Doch dass man glaubt, rauchen zu müssen, dadurch ein Alarm in Gang gesetzt wird – nun ja, was das Funktionieren des Reiseablaufs betrifft, schadet man auch dem eigenen Anliegen, pünktlich und sicher ans Ziel zu gelangen.

Als Sechziger sollte man solidarisch zur Deutschen Bahn stehen und die Gemeinsamkeit erkennen: Beides sind Unternehmen mit einer großen Geschichte, aber gefangen in einer Art Dauerkrise. Der Fußball der Löwen gleicht dem Englisch der Zugbegleiter, die Personalnöte der Mannschaft ähneln denen im Bordbistro, wenn es mal wieder geschlossen bleiben muss.

Dass Fans Zugwaggons auseinandernehmen, wenn dies zuvor dem Angriff ihrer Mannschaft mit der gegnerischen Abwehr nicht gelungen ist, stellt kein Sechzig-spezifisches Phänomen dar, andere haben schon schlimmere dokumentierte Verwüstungen hinterlassen als die Blauen am Samstag. In keinem Fall ist es aber ein Zeichen von Stärke, denn Interieur kann sich nicht wehren. Und was halt komplett gegen jeden Kodex und jede Ehre verstößt: Unbeteiligte anzupöbeln – wie offensichtlich auf dem Weg von Osnabrück nach München geschehen.

Im Sinne ihres Vereins würde man sich von diesen Fans mehr positive statt destruktiver Energie wünschen. Sonst landet der Club demnächst noch in einer Liga mit weniger ICE-Anschluss.

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