Auch mit 63 noch gut in Schuss

von Redaktion

Ehrung im Vorjahr: Während seine Grainau-Kollegen aufhören, geht es für „Walde“ weiter. © dk

Nach dem Spiel ist vor der gemütlichen Kartenrunde. © dk

Wo der Ball hingehört, weiß Walter Gatscher natürlich noch immer. © Andreas Mayr

Grainau – 1978 scheidet die deutsche Nationalelf bei der WM in Argentinien in der Vorrunde aus, der erste „Star-Wars“-Film erscheint in den Kinos, Dirk Nowitzki erblickt das Licht der Welt – und: der 17-jährige Walter Gatscher steht zum ersten Mal für die Herrenmannschaft des SC „Eibsee“ Grainau auf dem Platz.

Seitdem hat sich vieles verändert. Der DFB wurde zweimal Weltmeister, Star-Wars ist eine Weltmarke, mit inzwischen elf Kinofilmen, und Dirk Nowitzki einer der besten Basketballer der Geschichte. Eine Sache blieb jedoch gleich: Gatscher schnürt noch immer die Fußballschuhe in Grainau. Und das nicht etwa für die Altherren-Mannschaft. Nein, der mittlerweile 63-Jährige läuft noch immer regelmäßig in der B-Klasse auf. Damit ist er wohl einer der ältesten Amateur-Fußballer Bayerns.

765 Pflichtspiele hat er seitdem gesammelt, mit Test- und Turnierspielen sind es laut seiner Zählung weit über 1000. Alle für einen Verein. „Den Zusammenhalt, den wir hier haben, gibt es nicht so oft.“ Das drückt sich nicht nur auf dem Platz aus. Nach dem Spiel gibt es das wohlverdiente Bier – bei Gatscher immer die alkoholfreie Variante – es wird Karten gespielt und gelacht. „Es macht mir nach so langer Zeit immer noch Spaß“, erzählt er nach einem Spiel seines Teams. Beim 2:0-Sieg hat es dieses Mal nicht für einen Einsatz gereicht. Denn er kam gerade erst aus dem Urlaub zurück, verpasste durch diesen Trainingseinheiten. Eine Sache, die sonst nie passiert: „Diese Saison war ich in der zweiten Mannschaft der mit der höchsten Trainingsbeteiligung.“

Für seine Mitspieler ist es selbstverständlich, mit ihm zu trainieren und gemeinsam auf dem Feld zu stehen. Kapitän Jakob Lorenz, der mit 25 Jahren 38 Jahre jünger als sein Team-Kollege ist, hält es sogar für eine Ehre: „Walter ist eine Legende, von ihm können wir uns alle viel abschauen. Respekt, dass er es noch so durchzieht.“ Auch Abteilungsleiter Stefan Elsner, mit 36 Jahren eigentlich einer der älteren, ist ebenfalls in der zweiten Mannschaft aktiv und bewundert die Langlebigkeit: „Es ist was Besonderes, da noch mitzumachen.“ Und dass der Oldie dem Team immer noch was geben kann, ist ihm auch bewusst. „Er ist natürlich nicht mehr der Schnellste, aber wenn der Ball kommt, hat er es technisch drauf zu wissen, wo er hinmuss.“

Viele schöne Momente hatte der Mittelfeldspieler während seiner Karriere. Von unzähligen Auf- und Abstiegen, über Pokalsensationen, bis zu wichtigen Toren (welche er meistens per Elfmeter erzielte). Vergangenes Jahr gelang ihm im Saisonfinale sogar ein Kopfballtor. Die Mitspieler scherzten, dieses würde seine aktive Zeit um fünf Jahre verlängern. Doch Gatscher hatte auch schwierige Momente: Mehrfach war er in seiner Laufbahn schwer verletzt. Ein Achillessehnenriss, sämtliche Bänder in beiden Knien gerissen und ein Jochbeinbruch stehen unter anderem in seiner Krankenakte. Vor allem letztgenannter wiegt bis heute schwer: „Dadurch habe ich mein linkes Augenlicht verloren.“

Eigentlich hatte er 2013 seine Fußballschuhe schon an den Nagel gehängt, als 2018 dann aber eine zweite Mannschaft ins Leben gerufen wurde, war der Grainauer wieder Feuer und Flamme. Vergangene Saison wurde er, samt Trikot, geehrt. Seine Mitspieler dachten, jetzt hört er auf. Auf den Rahmen zum Jersey verzichtete man aber vorsichtshalber trotzdem mal, zu hoch die Wahrscheinlichkeit, dass es doch wieder getragen wird. Pünktlich zum ersten Training stand Gatscher dann wieder auf der Matte. „Ich habe über die Jahre viel gemacht. Klettern, Gleitschirmfliegen und Skifahren, aber das, was der Fußball mir gibt, gibt es nirgends anders.“ Vor allem das Zusammenspiel mit der Jugend begeistert Walde, wie er von seinen Kameraden gerufen wird. „Das hält einen jung. Wenn meine Mitspieler gerade aus der A-Jugend kommen, macht das schon Spaß.“ Dass diese noch einiges von ihm lernen können, ist klar.

Wie lange es noch weiter gehen soll, darauf lässt sich Gatscher nicht festnageln. Diese Saison wird er auf jeden Fall beenden, sein Team steckt momentan mitten im Abstiegskampf. Auch ein weiteres Jahr kann er sich noch gut vorstellen. „Wenn ich konditionell fit bleibe und die Mannschaft mich noch akzeptiert.“ Egal, wie viele Spiele es letztendlich noch werden. Den Legendenstatus hat er, zumindest in Grainau, sicher.

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