Das Wunder von der Alm

von Redaktion

Bielefelds sensationelle Reise führt nach Berlin – eine ganze Stadt steht Kopf

Schöpfer des Erfolgs: Trainer Kniat gönnte sich auch mal ein Bier. © Gentsch/dpa

Einer der Matchwinner: „Feierbiest“ und Ex-Löwe Wörl wurde Spieler des Spiels. © Gentsch/dpa

Emotionen pur: Siegtorschütze Maximilian Großer (mi.) bejubelt den entscheidenden Treffer zum 2:1-Endstand. Den hatten sich die Ostwestfalen redlich verdient. © Gentsch/dpa

Bielefeld – Erst am frühen Mittwochmorgen fielen die letzten Spieler und Fans von Arminia Bielefeld nach einer rauschenden Pokal-Party beseelt ins Bett, wirklich realisiert hatte den beeindruckenden Finaleinzug im DFB-Pokal da aber noch niemand. Das kultige Café Europa war zuvor aus allen Nähten geplatzt, Autokorsos hupten sich nach dem Coup gegen Bayer Leverkusen durch die Bielefelder Nacht, die Fans sangen am überfüllten Jahnplatz von der Reise nach Berlin – und die Helden um Trainer Mitch Kniat waren mittendrin.

„Heute schläft hier keiner in der Stadt“, hatte Kniat bereits kurz nach dem hochverdienten 2:1-Erfolg im Halbfinale gegen den Double-Gewinner in der ARD angekündigt und „Vollgas“ von allen Beteiligten gefordert. Und der größte Erfolg der langen Vereinsgeschichte wurde dann auch gebührend gefeiert. Es gebe „keinen fixen Zeitpunkt, wann wir die Leute aus dem Bett holen“, so Bielefelds Trainer, der sein Team am Mittwoch zur Regeneration versammelte.

Mal wieder müssen die deutschen Fußball-Geschichtsbücher also ein klein wenig umgeschrieben werden. Als erst vierter Drittligist steht die Arminia nach dem Triumph gegen die hochdekorierten Leverkusener im Endspiel von Berlin, mit der Werkself warfen die Ostwestfalen dazu bereits den vierten Erstligisten in dieser Saison aus dem Wettbewerb. „In 120 Jahren von Bielefeld bis ins Finale von Berlin“ stand auf den T-Shirts der Helden um die Torschützen Marius Wörl (20.) und Maximilian Großer (45.+3). „Für mich persönlich ist das ein Kindheitstraum“, sagte Wörl, „ich kann es immer noch nicht fassen und finde keine Worte.“

Durch den Finaleinzug geraten die Bielefelder unerwartet in Terminstress. Am 24. Mai, dem Tag des Pokal-Endspiels, sollte die Arminia eigentlich im Finale des Westfalenpokals spielen, zudem beträgt der Rückstand in der Liga auf Relegationsrang drei nur einen Zähler.. Die Relegationsspiele um den Aufstieg in die 2. Bundesliga sollen am 23. und 27. Mai steigen – und müssten verlegt werden, sollte die Arminia Dritter werden.

So weit dachte in der Nacht zu Mittwoch aber noch keiner, die schönen Nebeneffekte blieben dem ein oder anderen aber nicht verborgen. „Für den Verein bedeutet das extrem viel. Wenn du als Drittligist ins Finale kommst, alleine die Einnahmen“, sagte Wörl. Mindestens 2,88 Millionen Euro kommen für die Arminia durch den Finaleinzug nochmal hinzu, der Lauf bis ins Halbfinale mit Triumphen über Hannover 96, Union Berlin, den SC Freiburg und und Werder Bremen hatte dem Klub schon rund 6,5 Millionen Euro beschert.

Und die märchenhafte Reise ist noch nicht zu Ende. Mit einem Sieg in Berlin würden die Bielefelder sogar 4,3 Millionen Euro extra kassieren, hinzu kommen etwa 45 Prozent der Final-Ticketeinnahme – und die Qualifikation für die nächste Europa League-Saison. Für einen Drittligisten unvorstellbar „Es wird noch ein bis zwei Tage dauern, bis man das realisiert hat“, sagte Linksaußen Louis Oppie – und sprach damit für eine ganze Stadt.
SID

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