„Wir können die Bayern schlagen“

von Redaktion

Augsburgs Kapitän Gouweleeuw mit Kampfansage vor Flutlichtspiel

Bundesliga-Alltag: Kapitän Gouweleeuw im Gespräch mit Schiedsichter Petersen. © IMAGO

Bundesliga-Debüt: Gouweleeuw im Februar 2016 gegen Bayern-Star Arjen Robben. Mittlerweile ist der Kapitän nicht mehr aus Augsburg wegzudenken. © imago

Augsburg – Seit 2016 spielt Jeffrey Gouweleeuw für den FC Augsburg, kürzlich hat sich der Vertrag des Verteidigers um eine weitere Saison verlängert und er ist niederländischer Rekordspieler in der Bundesliga geworden. Zudem steht der 33-Jährige im Zentrum der derzeit sehr stabilen FCA-Abwehr, die am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) auch dem FC Bayern zu schaffen machen will.

Jeff, als Kapitän des FC Augsburg kommunizieren Sie viel mit den Schiedsrichtern, äußern bisweilen auch Ihre Unzufriedenheit. Kleiner Gedächtnistest: Drei Referees haben diese Saison schon drei FCA-Spiele gepfiffen. Welche?

(überlegt) Martin Petersen?

Stimmt.

Daniel Schlager?

Stimmt auch.

Aytekin?

Den hattet Ihr nur einmal. Tobias Reichel ist es.

Ach!

Am vergangenen Samstag hat er in Sinsheim den auch laut DFB ungerechtfertigten Strafstoß verhängt, nachdem Ihnen der Ball an den Oberarm gesprungen war.

Wann hat er uns noch gepfiffen?

Beim 1:0 gegen Bochum und beim 1:1 auf St. Pauli.

Okay, das habe ich vergessen. Wahrscheinlich hat er bei diesen Spielen keine Fehler gemacht (lacht).

Bereiten Sie sich auf Schiedsrichter vor, schauen Sie am Tag vor dem Spiel, wer eingeteilt wurde?

Nein, erst kurz vor dem Spiel auf dem Aufstellungsblatt.

Wie spricht man mit dem Schiedsrichter?

Nicht mehr so viel heutzutage. Man darf nicht mehr viel sagen. Deniz Aytekin ist noch alte Schule, er lässt Gespräche zu. Man muss aufpassen, es wird schneller Gelb gezogen, damit muss man umgehen.

Als Kapitän darf man aber hingehen.

So ist die Regel – aber ich habe trotzdem schon zweimal Gelb bekommen, als ich sagte: ,Ich darf doch mit dir reden, erkläre mir bitte, warum du diese Entscheidung triffst.‘

Nennt man den Unparteiischen bei seiner Funktion, also: ,Schiri‘?

Ich nenne den Schiedsrichter meist beim Vornamen. Und manche kennt man ja auch schon länger.

Auf dem Internetportal „Wahre Tabelle“, auf dem Spiele bereinigt von Fehlentscheidungen neu bewertet werden, hat Augsburg 44 statt der 39 Punkte im wirklichen Leben und steht auf Platz sechs statt acht.

Es sind ein paar Situationen im Kopf geblieben. Jetzt Hoffenheim, am Anfang der Saison die Heimspiele gegen Bremen – auch mit einem Handspiel – und Mainz, wo unser Stürmer Samuel Essende eine Rote Karte bekommt.

Wie hat sich die strenge Auslegung der Handspielregel auf das Spiel als Verteidiger ausgewirkt?

Man sieht uns mit den Händen auf dem Rücken, das ist sehr unnatürlich, denn so kann man sich nicht bewegen. Aber die Verteidiger haben Angst, dass es Elfmeter gibt, wenn der Ball irgendwie an die Hand kommt. Das ist schwer zu akzeptieren.

Warum seid Ihr defensiv gerade so stabil?

Weil die Mannschaft eingespielt ist und wir uns in der Winterpause zusammengesetzt haben. Nicht um uns Vorwürfe zu machen, sondern ehrlich die Meinung zu äußern – um uns gegenseitig besser zu machen. Und dann ist es so, dass man von einem Extrem ins andere kommen kann. Ein Jahr lang hatten wir kein Auswärtsspiel gewonnen – plötzlich mehrere. Und mit jedem Erfolg steigt das Selbstvertrauen.

Tauchen wir mal in die Nostalgie ein. Vor gut neun Jahren Ihr erstes Bundesligaspiel war gegen?

Die Bayern!

Auf ungewohnter Position.

Auf der Sechs. Ich kann mich natürlich gut erinnern, Markus Weinzierl war der Trainer und das Debüt gegen Bayern was Besonderes. Wir mussten viel verteidigen.

Viele von 2016 sind nicht mehr dabei. Beim FC Augsburg nur Sie, bei den Bayern werden Joshua Kimmich und vielleicht Thomas Müller spielen am Freitag.

Müller war damals auch mein direkter Gegenspieler. Klar, die Mannschaften haben sich verändert, der Fußball ist schnelllebig. Es ist etwas Besonderes, so lange bei einem Verein zu sein.

Sie kommen nie in der Sky-Transfershow vor. Heerenveen – Alkmaar – Augsburg, das war Ihr Weg. Vom FCA wurden Sie 2015 beim Europa-League-Gegner Alkmaar entdeckt und verpflichtet. Ungewöhnlich.

Augsburg hatte durch die Europa League einen verletzten Verteidiger (Jan-Ingwer Callsen-Bracker, d. Red.) und hat jemanden gesucht. Und es hat gepasst.

Höhepunkt der Augsburger Vereinsgeschichte waren die beiden K.o.-Spiele 2016 gegen Jürgen Klopps FC Liverpool. Aber Sie durften nicht mitmachen.

Leider nicht. Ich hatte schon gegen den FCA gespielt in dieser Saison und war nicht spielberechtigt.

Mit Alkmaar hatten Sie zuvor schon international gespielt. Jetzt wird Augsburg mit dem Begriff Europa konfrontiert.

In Holland war es einfacher, vor allem Alkmaar hat Ambitionen, Top Fünf, manchmal Top Drei zu spielen. Mir war schon klar, dass es mit dem FCA nicht jedes Jahr der Fall sein würde.

Warum zieht es alle niederländischen Fußballer ins Ausland?

Nicht alle. Manche gehen auch zu PSV oder Ajax. Ich denke, die Liga ist gut für junge Spieler, um sich zu entwickeln – um danach den Schritt zu machen. Immer in Holland zu spielen, kann auch schön sein, war aber nicht mein Ziel.

Mark van Bommel erzählte zu seiner Zeit bei Bayern, er habe schon als Kind immer die ARD-Sportschau gesehen.

Das war bei mir nicht so, aber ich hatte immer den Traum, in die Bundesliga zu gehen. Ich dachte, das passt besser zu mir als die Premier League oder Italien und Spanien.

Kürzlich sind Sie zum Niederländer mit den meisten Bundesligaspielen aufgestiegen.

Dass ich nun der Rekordspieler bin, macht mich stolz. Es gab in der Länderspielpause viel Aufmerksamkeit, ich hatte viele Interviews, das war eine schöne Sache. Und es haben ja auch sehr viele Holländer in der Bundesliga gespielt.

Wer waren die Besten?

Arjen Robben, van Bommel, Klaas-Jan Huntelaar, Roy Makaay – etliche.

In die Nationalmannschaft haben Sie es nie geschafft. Ist es schwerer, die Bondscoaches in Deutschland auf sich aufmerksam zu machen?

Anscheinend verfolgen sie Augsburg nicht so, sondern die Vereine mit größeren Namen, etwa Bayern und Leverkusen. Manchmal muss man auch Glück haben mit der Konkurrenzsituation.

Sind Sie der Elftal je nahegekommen?

Das weiß ich nicht. In Alkmaar haben Sie mich verfolgt, weil ich auch in der U21 gespielt hatte. Danach hat sich zumindest bei mir niemand gemeldet.

Jetzt geht‘s mal wieder gegen Bayern.

Sie haben etliche Verletzungen, aber viel Qualität im Kader. Wir haben die letzten Jahre gezeigt, dass wir sie schlagen können, müssen aber besser als gegen Hoffenheim spielen. Ich freue mich, ich spiele auch gern abends.


INTERVIEW: GÜNTER KLEIN

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