Abiamas Erlösung

von Redaktion

Beharrlich sein, nie aufgeben – Die Mentalität der FCK-Leihgabe färbt ab

Erlösung nach 636 Minuten: Dickson Abiama mit seinem ersten Tor für 1860. © Sampics / S. Matzke

München – Das Hauen und Stechen im Abstiegskampf der 3. Liga – es setzte sich auch am Sonntag munter fort. Dortmund II entglitt der Sieg gegen Ingolstadt (3:3), Essen kämpfte sich dank Rostock-Rot und spätem Elfer aus dem Kurzzeit-Tief (2:1), selbst Sandhausen bäumte sich auf, glich gegen Verl aus, ehe es doch die nächste Niederlage setzte (1:3). Mit ein paar Stunden Abstand verlor das zweitschlechteste Team der Rückrunde auch noch Cheftrainer Kenan Kocak, der „zum Wohle des Vereins“ zurücktrat.

Die Löwen konnten all das entspannt aus der Ferne verfolgen. Selber am Vortag hoch gewonnen, sich dabei auch von einem Torklau nicht aus der Bahn werfen lassen. Wer so gefestigt auftritt und den Tabellenzweiten Cottbus mit 5:1 nach Hause schickt, der muss auch nicht nervös werden, wenn Sandhausen am Mittwoch mit neuem Not-Trainerteam (Kleppinger, Diekmeier) in München-Giesing aufkreuzt. Sechzig hat morgen die Chance, einen dritten Rivalen ziemlich weit in Richtung Regionalliga zu stoßen (nach Haching und Hannover II) – und selber einen entscheidenden Schritt Richtung Klassenerhalt zu machen. „Jetzt haben wir 42 Punkte auf der Uhr“, rechnete Doppeltorschütze Patrick Hobsch am Samstag: „Zusammen mit dem Trainerteam sollten wir jetzt versuchen, vielleicht bis zum Ende der englischen Woche einen Haken dran zu machen; dass wir dann nicht mehr auf die Tabelle gucken müssen, sondern uns bis zum Saisonende komplett unserer Entwicklung widmen können.“

Schon jetzt ist es beeindruckend zu sehen, wie diese Entwicklung voranschreitet. Mit viel Leidenschaft, Beharrlichkeit und stabilen Ergebnissen hat es das Team von Patrick Glöckner geschafft, sich schneller als gedacht aus den Schlingen des Abstiegssumpfs zu befreien. Psychische Robustheit war besonders am Samstag gefragt, denn ein weniger stabiles Team wäre womöglich zerbrochen, als es erneut ein Schiedsrichterteam nicht allzu gut meinte mit dem Tabellendritten der Benachteiligungs-Tabelle (schon 14 strittige Entscheidungen gegen 1860/Quelle: liga3-online.de). Dass 1860 nach dem Frust über das aberkannte Kozuki-Tor (4.) nicht einknickte – dafür steht exemplarisch Dickson Abiama, der gegen Cottbus jene Mentalität vorlebte, die man bei 1860 lange vermisst hatte. Nicht lange gehadert nach dem frühen Nackenschlag, sondern den weiten Pass von Julian Guttau aufgenommen und mit ganz viel Willenskraft ins Ziel gebracht. „Mein erster Kontakt war eigentlich nicht gut“, berichtete die Leihgabe des 1. FC Kaiserslautern, „aber dann kam der Torwart raus, ich hab‘ gesehen, dass ich lupfen kann – zum Glück ist er reingegangen.“

Fans und Mitspieler wussten relativ schnell, dass Abiama dem Team guttut. Sein Tempo! Seine Tricks! Zuletzt gelang ihm sogar sein erster Assist (vor dem 2:1 gegen Haching). Nur eine Sache fehlte Abiama: Er wollte unbedingt sein erstes Tor machen. So gerne, dass er zuletzt sogar sanft vorgefühlt hatte, ob er nicht den nächsten Elfmeter schießen könne. Sturmpartner Hobsch erzählte diese Geschichte mit einem Schmunzeln: „Dickson, hab ich ihm gesagt: Wir haben einen Elfmeterschützen! Du wirst dein Tor schon noch machen. Mach dir nicht so viele Gedanken! Dass es heute endlich geklappt hat, wird ihm sicher noch mal Auftrieb geben.“

Davon ist auszugehen. Abiama hat am Samstag nicht nur die Löwen erlöst, sondern sich selber auch – nach quälenden 636 Minuten, die er auf sein erstes Tor warten musste. „Freut mich sehr für ihn“, sagte Kapitän Jesper Verlaat: „Jeder hat ihm gratuliert. Ich hoffe, dass er bald nachlegen kann.“ Im Idealfall schon morgen gegen Sandhausen.
ULI KELLNER

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