„Alles rückte in den Hintergrund“

von Redaktion

Andi Eder über die Saison, in der er seinen Bruder Tobi verlor

Verlor den Kampf gegen den Krebs: Tobias Eder. © IMAGO/Hafner

Aus der Liga nur Zuspruch: Andi Eder mit dem Mannheimer Mathias Plachta. © IMAGO

Die Trauer mit aufs Eis genommen: Andi Eder und die Münchner trugen einen Sticker, der an den verstorbenen Tobias Eder erinnert. © IMAGO/Markus Fischer

München – Mit der nun ausklingenden DEL-Saison immer verbunden bleiben wird der Tod von Tobias Eder mit 26 Jahren am 29. Januar 2025. Der gebürtige Tegernseer hatte im Sommer 2024, nachdem er Meister mit den Eisbären Berlin geworden war und seine erste WM gespielt hatte, eine Krebsdiagnose erhalten. Eine hohe Belastung stellte die Situation mit monatelangem Auf und Ab auch für seinen Bruder Andreas Eder (29) dar, der für den EHC Red Bull München spielte. Nun hat Andi Eder sich erstmals geäußert.

Andi, ganz schlichte Nachfrage: Wie geht‘s?

Es gibt gute und schlechte Tage. Ich werde noch Zeit brauchen, um das alles zu verarbeiten. Es mag eine abgedroschene Antwort sein: Aber so ist es halt.

Sie sind trotzdem Ihrem Beruf nachgegangen, dem Eishockey spielen. War dieser Teil des Lebens ein Halt für Sie?

Was dieses Jahr passiert ist, lässt alles andere in den Hintergrund rücken. Ich hab‘s auch nicht geschafft, das draußen vor der Tür zu lassen oder nicht mit aufs Eis zu nehmen. Grundsätzlich ist das, was ich, was wir beide für den Sport empfunden haben, immer noch das gleiche, und ich werde das für den Rest meiner Karriere in mir tragen.

Wie ist die Mannschaft in München mit Ihnen umgegangen? Auch für die Mitspieler war es eine Situation, die sie nicht kannten. Ben Smith meinte, am besten sei es, Business as usual zu betreiben, Ihnen ein Umfeld des vertrauten Alltags zu bieten.

Also, die Jungs waren überragend, das ganze Staff-Team, die gesamte Organisation. Ich habe jede Unterstützung bekommen, die ich gebraucht habe, auch in der Zeit im Januar, als ich vier Spiele verpasst habe. Ich hätte mir keine bessere Mannschaft wünschen können.

Standen Sie auch im Kontakt mit den Berlinern?

Natürlich, weil es die Mannschaft von Tobi war und ich viel Zeit in Berlin verbracht habe. Ich durfte dort auch aufs Eis gehen, alleine, und mich fithalten, denn ich wusste, dass ich irgendwann wieder Eishockey spielen möchte. Mit der Eisbären-Mannschaft direkt hatte ich aber nicht so viel zu tun.

Man sagt: Every bad thing does its favor, auch aus schlechten Erlebnissen lassen sich wärmende Erlebnisse ziehen. Die Eishockeyfamilie hat ihre Empathie und ihren Zusammenhalt bewiesen, oder?

Ein Dankeschön reicht da gar nicht aus. Nicht nur München und Berlin, bei denen man ja davon ausgeht, dass sie dahinterstehen und für uns als Familie da waren – die ganze Liga war es. Egal wem und nach welchem Spiel ich die Hände geschüttelt habe, da hat nicht einer was Unpassendes gesagt. Die gesamte Liga war Teil dieser Eishockeyfamilie. Ich glaube, die deutsche Eishockeyfamilie ist an einem sehr guten Ort.

Sie haben am Sonntag, 3. Februar, in Düsseldorf für viele überraschend wieder gespielt. Das war fünf Tage nach Tobis Tod und noch vor der Trauerfeier für ihn.

Ich wollte eigentlich schon das erste Heimspiel am Freitag (31. Januar, d. Red., gegen Bremerhaven) machen, war morgens beim Training und hatte mir vorgenommen zu spielen, doch es ist von Stunde zu Stunde immer mehr geworden, auch mit der Vorstellung, was vor dem Spiel geschehen würde. Ich habe gemerkt, das packe ich noch nicht, habe mir den Samstag frei genommen, war daheim bei meinen Eltern. Am Sonntag in der Früh habe ich den Christian (Winkler, Managing Director Sports, d. Red.) angerufen und gesagt: ,Wenn ihr mich dabeihaben wollt, steige ich in den nächsten Flieger.‘ Der Papa hat mich zum Flughafen gefahren, ich habe gespielt und bin froh, dass ich es gemacht habe.

Sie hatten die Saison sehr entschlossen begonnen, der damalige Trainer Toni Söderholm sagte, er habe es, nachdem Sie kurzzeitig in die Schweiz verliehen worden waren, mit einem völlig veränderten Spieler zu tun. Wie verlief die Saison für Sie unter sportlichen Gesichtspunkten?

Ich bin topfit in die Saison gekommen, um mir meinen Platz zurückzuholen, das hat einige Zeit auch ganz gut funktioniert. Es waren aber Tage dabei, an denen es mir nicht möglich war, hundert Prozent abzurufen. Wäre schön gewesen, wenn das nicht der Fall gewesen wäre, aber ich kann auch damit leben, dass es nicht so war, weil es einfach Gründe dafür gab. Nach der November-Pause bis Weihnachten habe ich okay gespielt, es waren dann nicht mehr so viele Scorerpunkte wie am Anfang. Eine Zeit lang war dann auch spielerisch nicht das da, was ich von mir erwartet habe. In den Playoffs habe ich, so denke ich, wieder ganz ordentlich gespielt.

Wie geht es weiter? München hat bekanntgegeben, dass der Vertrag mit Ihnen ausgelaufen ist, und es war auch schon zu hören, dass Sie zu den Eisbären Berlin wechseln werden, zu Tobis Club.

Wo ich nächste Saison spiele, werde ich nicht kommentieren. Die Vorbereitung im Sommer, ob du 19, 29 oder 39 bist, wird immer die gleiche sein: Du versuchst an deinen Schwächen zu arbeiten, fit zu werden, die eine oder andere Blessur aus der Vorsaison loszuwerden, du erholst dich im Urlaub – und dann geht der Spaß mit 52 Spielen wieder von vorne los.

Sie waren das hervorstechende deutsche Talent des Jahrgangs 1996, waren bei der WM 2021 dabei, allerdings mit nur einem Einsatz, spielten den Deutschland Cup 2024 für die Nationalmannschaft. Was steht für Sie als mittlerweile reiferen Spieler noch auf der Agenda?

Meine Karriere war auf einem ganz guten Weg, als ich von Straubing nach München gekommen bin (2022, d. Red.). Wir haben eine unglaubliche Saison gespielt, sind Meister geworden, und ich wäre wohl zur WM mitgefahren, wenn ich fit gewesen wäre. Die letzten zwei Jahre waren sportlich nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe, aber ich denke, dass ich mehr kann. Ich bin jetzt 29, die eine oder andere WM würde ich gerne mitnehmen. Wie realistisch die Chancen für Olympia 2026 sind, mag ich nicht beurteilen. Ich will so gut und lange wie möglich Eishockey spielen, der Rest kommt von alleine.


INTERVIEW: GÜNTER KLEIN

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