„Mein Herz ist hier“

von Redaktion

Torjäger Parkes lernt Deutsch – um in München zu bleiben

Eine komplette Saison Zuschauer: Trevor Parkes. Er will seine Karriere fortsetzen – mit deutschem Pass. © Red Bull/City-Press

München – Bis er vor ein paar Wochen von Yasin Ehliz überholt wurde, war Trevor Parkes DEL-Rekordtorschütze des EHC Red Bull München. Der 34-jährige Kanadier hatte allerdings keine Chance, sein Konto zu erhöhen. Nach einer in der Vorbereitung erlittenen Knieverletzung fiel er die gesamte Saison aus. Zudem ist sein Vertrag nach sieben Jahren in München ausgelaufen. Wie geht es weiter?

Trevor, Kapitän Patrick Hager führt Sie als Beispiel dafür an, was im Eishockey in einer Sekunde passieren kann: ,Parksy ist einmal blöd im Eis hängengeblieben, und die Saison war vorbei, bevor sie begonnen hatte,‘

Das ist die Wahrheit, ja. Also wurde es für mich eine harte Saison, von der ich aber glaube, dass ich das Beste aus ihr gemacht habe. Ich hatte eine sehr gute Reha hier, dank der Trainer, dank der Ressourcen, die im medizinischen Bereich zur Verfügung stehen, sodass mein Knie wieder bei hundert Prozent ist und ich spielen könnte. Als Mensch wird man in solch einer Situation stärker, und aus meiner Outside-Perspektive habe ich viel gelernt über die Ups und Downs, die ein Team haben kann, darüber, wie es damit umgeht, drei verschiedene Coaches zu haben. Und ich konnte auch ein bisschen helfen mit dem Powerplay, auf der Coaching-Seite. Ich habe mich eingebracht, wo es möglich war.

Zu Beginn der Saison sah man Sie im SAP Garden an Krücken durch die Gänge wandeln. Wie gestaltete sich der Fortschritt?

Die Krücken hatte ich sechs Wochen. Danach haben wir so viel gepuscht und belastet, wie möglich war. Um Weihnachten herum begann ich zu laufen, zu springen, Ende Januar nach auf den Tag fünf Monate nach der Verletzung war ich zurück auf dem Eis. Ab den Playoffs konnte ich an Spieltagen am ,Morning Skate‘ der Mannschaft teilnehmen. Das war die Belohnung für mich.

Hätte der EHC München die Finalserie der DEL erreicht – hätten Sie eingreifen können?

Das unglücklicherweise nicht, weil die Lizenzen alle vergeben waren (der EHC hatte neun fitte Importspieler, mehr dürfen nicht eingesetzt werden, d. Red.). Rein körperlich hätte ich sogar jetzt spielen können – im Bewusstsein dessen, dass zwischen dem sechsten und neunten Monat nach dieser Art der Verletzung ein Risiko besteht. Nach einem Dreivierteljahr ist man auf der sicheren Seite. Aber weil ich wusste, dass ich nicht würde spielen müssen aufgrund der Lizenzierungssituation, konnte ich mich darauf konzentrieren, zu meiner Stärke zurückzufinden.

Und was passiert jetzt?

Ich weiß es nicht. Der Club sucht einen Trainer, personelle Entscheidungen sind offen. München ist meine Heimat geworden, ein großer Teil meines Lebens, ich habe einen wesentlichen Teil meiner Karriere hier verbracht, meine Tochter ist in München zur Welt gekommen. Schon für die Familie will ich alles tun, um hier zurückzukehren, doch auf der anderen Seite ist das auch ein Business, in dem es sein kann, dass der Club sich gegen mich entscheidet.

Zwei Jahre Augsburg plus sieben München, macht neun – Sie können sich um die deutsche Staatsbürgerschaft bewerben.

Das tue ich gerade. Am Ende des Monats ist die Prüfung. Gleich nachdem ich die Verletzung erlitten hatte, habe ich begonnen, zu lernen. Seit sieben Monaten habe ich Sprachunterricht

Francois Methot, der einige Jahre vor Ihnen in München spielte, war ebenfalls ein Kanadier, der Deutscher wurde – er sagte den schönen Satz: ,I had to learn Grundgesetz and all that stuff.‘

Ja, Geschichte, damit musste ich mich auch auseinandersetzen. Aber das ist erst der zweite Teil der Prüfung, aktuell liegt mein Fokus auf dem Sprachtest, der Grammatik, auf Dativ und Akkusativ. Wenn man aus dem Englischen kommt, ist Deutsch eine schwer zu lernende Sprache. Viele Wörter habe ich vom Lesen her gekannt, aber sie jahrelang verkehrt ausgesprochen. Doch ich habe einen guten Sprachlehrer, den mir Pierre Allard, unser Co-Trainer, empfohlen hat. Ich glaube, ich werde beim Test eine gute Chance haben.

Das deutsche Eishockey ist eine englischsprachige Bubble. Und zu sehr Komfortzone?

Das macht es sehr leicht, vor allem beim Übergang. Die deutschen Spieler in der Kabine sprechen alle sehr gut Englisch, man fühlt sich schnell zuhause. Jetzt bin ich im Hinblick auf die Prüfung gezwungen, mehr Deutsch zu sprechen, und wünsche mir schon, früher mehr Vokabeln aufgenommen zu haben. Mir hat das Lernen Spaß bereitet, ich habe auch mehr Zeit investiert, als es in einer normalen Saison für mich möglich gewesen wäre.

Seit 2024 gibt es ein neues Gesetz zur Staatsbürgerschaft: Man kann die deutsche erwerben, ohne die ursprüngliche abgeben zu müssen. Eine Erleichterung?

Ich will weiter Eishockey spielen, dafür ist die deutsche Staatsbürgerschaft wichtig. Hätte ich wie früher meine kanadische abgeben müssen, hätte ich über diesen Schritt sicher nachgedacht. Jetzt muss ich mir diese Gedanken nicht machen.

Jetzt sind Sie bereit, mit München zu sprechen – und mit anderen Clubs.

Ja, mein Herz ist hier, und München soll die Gelegenheit bekommen, mich aufs Eis zurückzubringen. Aber wenn man mir sagt, das die Tür geschlossen ist, bin ich bereit, meine Dienste anderen anzubieten. Ich glaube, dass ich vielen Clubs noch helfen kann.


INTERVIEW: GÜNTER KLEIN

Artikel 1 von 11