Dreesen packt an

von Redaktion

Bayerns Vorstandsboss greift Sportchef Eberl unter die Arme

Vorstandsboss Dreesen nach dem Inter-Spiel. © X

Rummenigge, Hoeneß, Diederich, Eberl und Dreesen (v. li.) auf der Tribüne der Allianz Arena. © MIS/Imago

München – Nach dem 1:2 des FC Bayern gegen Inter Mailand standen die Protagonisten in der Mixed Zone Rede und Antwort. Als erster Gesprächspartner kam Sportvorstand Max Eberl aus dem Kabinentrakt. Wenige Minuten später verließ CEO Jan-Christian Dreesen auf der gegenüberliegenden Seite den Innenraum des Stadions und gab ebenfalls ein Interview. Die Vorstände sorgten für Doppel-Beschallung.

Ähnliche Szenen spielten sich regelmäßig ab, als Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge noch offiziell das Sagen hatten. Wenn das eine Alphatier aufsprach, dauerte es nur wenige Augenblicke, bis das andere ins Scheinwerferlicht trat. Anders als am Dienstag, warteten die damaligen Protagonisten zumindest, bis der „Vorsprecher“ seine Ausführungen beendet hatte. Somit wurde mal Hoeneß mit den Antworten von Rummenigge konfrontiert, mal Rummenigge mit den Aussagen von Hoeneß.

Weniger überraschend: Wenn sie mit unterschiedlicher Zunge sprachen, war der Beziehungsstatus meist kompliziert. Aber lässt sich das auch auf Dreesen und Eberl übertragen? Wusste der Vorstandsvorsitzende etwa, dass sein Sportchef noch im Gespräch ist und wollte ihm bewusst die Show stehlen? Oder war es einfach nur ein Zufall, über den man auch vereinsintern nicht glücklich ist?

Unabhängig davon ist es Beobachtern sehr wohl aufgefallen, dass Dreesen seit einigen Monaten wieder Oberwasser hat. Hielt er sich seit dem Amtsantritt von Eberl im März 2024 bei sportlichen Fragen stets zurück, mischt er jetzt wieder eifrig mit.

So wird kolportiert, dass Dreesen die Vertragsverlängerungen von Jamal Musiala und Joshua Kimmich im Schlussspurt entscheidend mit über Ziellinie gebracht haben soll. Und auch bei der Causa Thomas Müller half der CEO entscheidend mit, dass keine verbrannte Erde hinterlassen wurde. So soll es zwei Treffen gegeben haben, von denen Eberl im Vorfeld nicht in Kenntnis gesetzt wurde.

Aber warum agiert Dreesen so? Der CEO sah sich vor allem angesichts der vollmundigen Aussagen von Eberl bei Kimmich (keine Deadline) und Müller (unkomplizierte Vertragsverlängerung) in der Pflicht, die Wogen bei diesen Personalien zu glätten. Und: Warum lässt der mächtige Aufsichtsrat um Präsident Herbert Hainer, Ehrenpräsident Hoeneß und dem langjährigen CEO Rummenigge das zu? Immerhin schwächt es das Standing des Sportvorstands enorm. An der Säbener Straße wird vermutet, dass Dreesen seine Chance wittert, sich wieder mehr im sportlichen Bereich zu engagieren – zumal Eberl von Teilen des Aufsichtsrats bereits kritisch gesehen wird.

Vor allem Hainer sollte als Aufsichtsratsvorsitzender daran gelegen sein, dass die von ihm neu verteilten Kompetenzen beachtet werden. Zur Erklärung: Laut Organigramm der FC Bayern München AG unterstehen dem Sportvorstand die folgende Bereiche: Direktion Sport, Direktion Nachwuchsentwicklung & Campus/Globales Netzwerk, Direktion Frauen und die Lizenzspielermannschaft. Heißt: Sportdirektor Christoph Freund berichtet direkt an Eberl. Sollte der Vorstandsbereich Sport in Zukunft wieder wegfallen, würden Eberls Aufgabengebiete zwischen Dreesen und seinem Stellvertreter Michael Diederich aufgeteilt.
M. BONKE, P. KESSLER

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