„Max und Uli müssen reden!“

von Redaktion

Matthäus über Konflikt Hoeneß/Eberl und das Müller-Aus

Klartext von Lothar: Matthäus nahm bei einem Sky-Termin Stellung zu aktuellen Themen. © Sky

„Da kann es auch mal lauter werden“: Matthäus empfiehlt Bayern-Patron Uli Hoeneß und Sportvorstand Max Eberl (l.) eine Aussprache unter Männern. © IMAGO / Philippe Ruiz

München – Der FC Bayern steckt mitten in der Woche der Wahrheit. Vor dem Rückspiel gegen Inter am Mittwoch steht zunächst aber der Klassiker gegen Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr/Sky) an – und der Wirbel um das Aus von Thomas Müller nimmt nicht ab. Im Rahmen eines Pressetermins von Sky nahm sich Lothar Matthäus ausführlich Zeit, um die Probleme des Rekordmeister zu erklären. Das sagt der Sky-Experte über…

… die Chancen für das Rückspiel gegen Inter:

„Es ist noch nichts verloren, aber man hat Bayerns Schwächen gesehen. Sie haben einfach zu viel zugelassen, waren in den Laufduellen zu langsam. Da hat man gemerkt, dass vier Stammspieler fehlen. Musiala, Upamecano, Davies und Neuer – solche Granaten kann man nicht ersetzen, gerade in der Defensive. Da hat Bayern schon vorher Schwächen gehabt. Deswegen müssen sie all-in gehen, Ballbesitz und Spielkontrolle suchen. Vor allem muss Bayern aber seine Chancen nutzen. Hätte Harry Kane den Ball leicht anders getroffen, wäre er rein und es wäre ein anderes Spiel. Bayern geht zwar nicht als Favorit fürs Weiterkommen ins Spiel, aber sie haben gute Chancen. Wenn es einer kann, dann Bayern München.“

… die Aufstellung von Trainer Kompany ohne Müller:

„Ich habe schon vorher gesagt, dass Müller als Kapitän auflaufen sollte. Ich war überrascht, dass er nicht gestartet ist, kann die Entscheidung von Kompany aber nachvollziehen: Guerreiro hat es nicht so schlecht gemacht, vielleicht ist er außerdem davon ausgegangen, dass Müller nicht für 90 Minuten bereit gewesen wäre – auch wenn ich Müller 90 Minuten zutraue. Trotzdem sollte er im Rückspiel starten: Er hat so viel Erfahrung, das beeinflusst die eigene Mannschaft und auch die gegnerischen Spieler.“

… Müllers Vertrags-Aus:

„Mich irritiert die Kommunikation. Max (Eberl) sagte immer, er hatte einen Plan. Das ist für mich ein bisschen flapsig dahin gesagt, schließlich hat man das häufiger gehört: Man hatte mit Neuer, Kimmich, Musiala und Müller einen Plan. Aber welchen denn? Offensichtlich hatte Max einen Plan, aber Uli (Hoeneß) hatte einen anderen. Jeder hat da seinen eigenen Plan – und das ist natürlich schlecht. Man hätte von Anfang an kommunizieren sollen, dass es in der Länderspielpause im März eine Entscheidung gibt. Dann setzt man sich zusammen an einen Tisch und schaut, ob es finanziell und sportlich Sinn ergibt. Ich bin nicht in der Position, Thomas Müller einen Ratschlag zu geben. Aber ich glaube, dass ihm die MLS guttun würde. Dort würde er spannende Erfahrungen sammeln – auch für die Zeit nach der Karriere.“

… Bayerns Transferzielen:

„Das Festgeldkonto ist geschmolzen. Bayern will Florian Wirtz, dafür hätte man aber nicht bei Müller sparen müssen. Da fehlen die Gelder, die in den letzten Jahren rausgeschmissen wurden. All die Verantwortlichen haben Abfindungen bekommen, so viel hätte Müller gar nicht verdienen können. Sollte Wirtz kommen, hätte man Müller rein sportlich tatsächlich nicht mehr gebraucht, Wirtz und Musiala haben ihm sportlich den Rang abgelaufen. An der Stelle von Wirtz würde ich in diesem Sommer nur zum FC Bayern wechseln, ein Jahr vor der WM sollte er nicht ins Ausland gehen. Hier kennt er die Meisterschaft und geht weniger Risiko ein. Nach der WM könnte er sich dagegen jeden Club aussuchen. Uli Hoeneß ist seit längerer Zeit in Kontakt mit der Familie Wirtz. Er wünscht sich einen Wechsel – und Uli Hoeneß erfüllt sich eigentlich alle Wünsche beim FC Bayern. Das Finanzielle könnte man auch mit Sponsoren regeln – wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

… zur Rolle von Max Eberl:

„Es gibt bei Bayern immer noch zwei im Hintergrund, die viel Einfluss haben Das hat man davor auch schon gemerkt, als Hoeneß nicht mit Oliver Kahn zufrieden war. Eberl und Hoeneß brauchen ein offenes Gespräch, da kann es auch mal lauter werden. Vielleicht einmal im Monat, oder alle zwei Wochen. Aber man muss miteinander reden. Anscheinend haben sie aber keine direkte Verbindung. Bayern hatte schon immer eine Streitkultur. Man muss ja nicht immer einer Meinung sein – wichtig ist, dass die Inhalte nicht nach außen dringen und man zu einem gemeinsamen Schluss kommt. Max hat Erfahrung, aber in Gladbach und Leipzig herrschte ein anderer Druck als bei Bayern München. Ich habe auch gehört, dass man ihm vorwirft, dass er von den Zeiten nicht so lange an der Säbener Straße ist. Es kommen Stimmen auf, die mit seiner Arbeit nicht zufrieden sind. Ob er den Einfluss von Hoeneß unterschätzt hat? Da muss man nur fragen, warum Philipp Lahm noch nicht beim FC Bayern ist. Vielleicht hat er die Lage anders eingeschätzt als Eberl, Kahn und Salihamidzic.“

… zum Klassiker:

„Schon tabellarisch ist es nicht mehr das Spiel der Saison. Aber es hat Tradition, Dortmund war in den letzten 20 Jahren die Nummer zwei im deutschen Fußball. Seit zwei Jahren sind sie das aber nicht mehr. Immerhin sind sie in der Champions League wieder in die Runde der letzten acht gekommen, das ist eine starke Leistung.“

… zu Kimmich und Goretzka:

„Ich habe selten einen besseren Sechser in den letzten zehn Jahren gesehen als Joshua Kimmich. Er ist ein Musterprofi und Vorbild, wie er sich konzentriert und warmmacht. Mit ihm hätte Bayern schon früher verlängern sollen. Er sagt ehrlich seine Meinung, legt den Finger in die Wunde und geht mit Leistung voran. Ich habe diese Saison noch kein einziges schlechtes Spiel von ihm gesehen. Goretzka und Kimmich passen super zusammen. Als Box-to-Box-Spieler erinnert mich Goretzka am ehesten an mich selbst. Wie mit ihm umgegangen wurde, hat mir Leid getan. Wie er sich durchgebissen hat, zeigt seine Stärken als Fußballer und als Mensch.“
AUFGEZEICHNET: V. TSCHIRPKE

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