Staub und schlechte Straßen: Tadej Pogacar (2. v.r) im Training. © IMAGO/Kalut
Hamburg – Die Beine brennen für mehr als fünf Stunden wie Feuer, dünne Reifen rattern über teils katastrophale Straßen, feiner Staub setzt sich auf der Haut und in der Lunge fest. Was für die meisten Radsportler nach einer Tortour klingt, ist für Tadej Pogacar die Erfüllung eines lang gehegten Traumes. Am Sonntag (ab 11.10 Uhr/Eurosport) geht der Weltmeister erstmals bei Paris-Roubaix an den Start – und will dort seinem (noch) unvollendeten Karriereweg einen weiteren großen Pflasterstein hinzufügen.
„Ich fahre nicht Rad, um mich zu langweilen. Ich will alle Facetten entdecken“, sagte Pogacar kürzlich mit Blick auf sein Debüt bei der Königin der Klassiker. Die Vorfreude auf das Rennen in Nordfrankreich sei riesig. Zufriedenheit ist für Pogacar offensichtlich ein Fremdwort. Er will alles gewinnen.
Pogacar, das vergisst man gerne, ist erst 26 Jahre alt – die Statistiken, die der Slowene, den viele auf den Spuren von Eddy Merckx wandeln sehen, in den vergangenen Jahren auf die Straßen gezaubert hat, sind aber schon jetzt legendär: Dreimal gewann Pogacar die Frankreich-Rundfahrt, im vergangenen Jahr erstmals auch den Giro d’Italia und den Titel des Straßenweltmeisters; er feierte 26 Etappensiege bei den Grand Tours und triumphierte bei drei der fünf Monumente, der wichtigsten Eintagesrennen.
Ein weiterer dieser Meilensteine soll nun also hinzukommen: Die Verantwortlichen seines Teams UAE Emirates-XRG dürften Pogacars Rekordjagd in der „Hölle des Nordens“ allerdings mit Bauchschmerzen verfolgen. Gefährdet der Topverdiener doch seine weitere Saison – auch weil Niederschläge am Sonntag für zusätzliches Chaos sorgen könnten.
Das Rennen mit mehr als 50 km Kopfsteinpflasterpassagen, die sich bei Nässe in Schlammwüsten verwandeln, sei „sicherlich gefährlich“, räumte Pogacar ein. Aber: „Man muss immer Risiken eingehen. Wenn man mit Angst vor den möglichen Folgen in ein Rennen geht, lässt man zu viel Energie liegen.“
Energie, die Pogacar dringend benötigt. Denn trotz seiner Topform und der Unterstützung des deutschen Klassikerexperten Nils Politt, der sich voll in seinen Dienst stellt: Der alleinige Topfavorit ist er ausnahmsweise mal nicht. Diese Rolle teilt er sich mit Mathieu van der Poel, dem Niederländer, der die vergangenen beiden Ausgaben des Rennens gewonnen hat. Neben ihm muss Pogacar auf der 259,2 km langen Strecke auch Ex-Weltmeister Mads Pedersen aus Dänemark und den belgischen Super-Allrounder Wout van Aert auf dem Zettel haben.
SID