ZUM TAGE

Die Suche nach der verlorenen Balance

von Redaktion

Bayern und alte Probleme

Vincent Kompany hatte zuletzt selbst erklärt, wie man im Fußball aus fast jedem Thema einen positiven wie negativen Schluss ziehen kann. Wenn ein Einwechselspieler trifft, könne man schließlich die gelungene Einwechslung loben oder kritisieren, dass derjenige Spieler zuvor nicht in der Startelf stand, sagte der Trainer sinngemäß.

Man muss diese Worte im Hinterkopf behalten, wenn man die richtigen Schlüsse aus den Partien gegen Borussia Dortmund und Inter Mailand ziehen will. Schließlich gibt es für beide Spiele, die erstaunlich ähnlich abliefen, eben sehr verschiedene Lesarten. Dass der FC Bayern sowohl gegen Inter Mailand als auch Borussia Dortmund – also anderthalb Spitzenmannschaften des europäischen Fußballs – jeweils 90 Minuten lang überlegen war und sich zahlreiche Torchancen erspielte, ist natürlich ein starkes Signal und deutet auf eine ebenso starke Leistung hin.

Dass die Ergebnisse, ein 1:2 und 2:2, am Ende weniger erfreulich ausfielen, deutet natürlich auch im Fußball verlässlich darauf hin, dass trotzdem Fehler gemacht wurden. Aufgrund eines individuellen Patzers – der zwar ärgerlich ist, aber von einem Trainer kaum zu verhindern – fiel gegen Dortmund aus dem Nichts der gegnerische Führungstreffer. Vincent Kompany könnte MInjae Kim wohl hunderte Flanken im Training verteidigen lassen, der Südkoreaner würde sie in 99,9 Prozent der Fälle souverän rausköpfen – außer eben am Samstag, sodass den Trainer in dieser Situation keine Schuld trifft.

Dass seine Mannschaft aber sowohl gegen Inter, als auch Dortmund kurz vor Schluss von einem einfachen langen Ball schwer überrascht wird und daraus einmal ein Tor (Inter), das andere Mal immerhin eine Großchance (BVB) entsteht, sollte dem Coach zumindest zu denken geben. In beiden Fällen stand die Viererkette viel zu hoch, in beiden Fällen verteidigte sie die Situation letztlich viel zu naiv. Nun lässt sich im Kompany-Manier argumentieren, dass zu hohes Verteidigen gefährlich ist, man dadurch aber ebenfalls viele Bälle gewinnt und den offensiven Spielstil samt unzähliger Torchancen ermöglicht (für eine Erklärung der schwachen Chancenverwertung eines Harry Kanes lässt sich die gleiche Argumentation wie bei Kim anführen). Es gibt eben immer verschiedene Lesarten. Welche richtig ist, wird das Rückspiel in Mailand zeigen. vinzent.tschirpke@merkurtz.de

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