Matthias Bachinger (re.) und Alexander Zverev. © Ruiz
München – Wer Alexander Zverev die Tage bei den BMW Open sieht, dem fällt sofort ein neues und zugleich altbekanntes Gesicht in seinem Team auf: Matthias Bachinger (38) – geboren in München, aufgewachsen im Landkreis Dachau – unterstützt den 27-Jährigen als sogenannter „Hitting Partner“. Wie es dazu kam, wie es läuft und woran es bei Zverev aktuell ein bisschen hakt, erklärt der Ex-Profi (beste Weltranglistenposition Nr. 85) im Gespräch mit unserer Zeitung.
Herr Bachinger, wie ist Alexander Zverev so als Boss?
Wir verstehen uns super und es ist total spannend. Ich kenne Sascha seit er ein kleines Kind ist, ebenso seine Eltern. Sein Bruder Mischa und Sergej Bubka, die ihn managen, sind beide mein Jahrgang. Wir waren alle zusammen auf der Tour.
Wie genau kam die Zusammenarbeit zustande?
Sergej hat mich am 27. März – das war ein Donnerstag – angerufen, ob ich am Montag nach Monte Carlo fliegen könnte, weil Saschas eigentlicher Hitting Partner eine Pause braucht. Ich musste ein paar Trainerstunden absagen, aber das haben alle verstanden.
Sie hatten schon nach Ihrem Karriereende angedeutet, dass der Trainerberuf Sie reizen würde…
Stimmt. Ich betreue einige Schützlinge auf der Sport-Scheck-Anlage, hauptsächlich Jugendliche. Mit einer von ihnen war ich in der Woche vor Monte Carlo bis Sonntag in Nürnberg bei der bayerischen Jugendmeisterschaft. Einen Tag später mit der Nummer zwei der Welt auf dem Platz, das war ein witziger Kontrast.
Sascha scheint seinen Hitting Partnern einiges abzuverlangen. Gut für Sie: Sie sehen fit aus.
Ich mache viel Sport und pflege, wie man so schön sagt, einen gesunden Lebensstil. Ich bin also fit und den Ball treffe ich auch noch ganz gut. Zeitlich passt mir dieses 3-Wochen-Abenteuer auch perfekt, denn danach geht die Herren-30-Bundesligasaison mit dem TC Großhesselohe los. Sascha als Trainingspartner in der Vorbereitung – besser geht es wohl nicht (lacht).
Hatten Sie gar keinen Bammel, ob Sie noch mithalten können?
Anfangs ein bisschen. Ich konnte meine Form schwer einschätzen, weil ich im Winter wenig für mich gespielt habe. Aber ich stehe zum Glück hauptsächlich in der Ecke, weiß, wo der Ball hinkommt, und muss mich nicht super viel bewegen.
Beschreiben Sie doch mal, was genau Ihre Aufgabe ist.
Sein Papa gibt die Übungen vor. Das ist oft ganz klassisch: Vorhand-Cross, Slice auch mal ein höherer Ball – je nachdem, wo sich Sascha gerade nicht so wohlfühlt. Punkte spielen wir zum Glück für mich keine und in den Übungen darf, wenn dann ich ihn laufen lassen und nicht umgekehrt (schmunzelt).
Dennoch: wie intensiv sind die Einheiten?
Am Samstag standen wir viereinhalb Stunden auf dem Platz. Die Arbeitsmoral und der Ehrgeiz von Sascha sind echt brutal. Es ist beeindrucken zu sehen, wie er sich immer verbessern möchte. Körperlich ist Sascha eine Maschine, der ist das nicht anders gewöhnt, so hart zu trainieren ist seine Art. Abends kriegt er eine schöne Behandlung von seinem Physiotherapeuten und dann geht es am nächsten Tag wieder weiter.
Gibt Ihr Körper Ihnen schon Rückmeldung?
Der ein oder andere Muskel meldet sich und der Rücken zwickt leicht, aber generell verkrafte ich alles gut. Was ich aber schon merke: Der Zeitpunkt meines Rücktritts vor knapp zwei Jahren war genau richtig (lacht).
Sie haben in knapp 20 Jahren viele Aufs und Abs erlebt. Wie erleben Sie Sascha aktuell?
Selbstvertrauen spielt im Tennis einfach eine sehr große Rolle – das fehlt Sascha im Moment in manchen Situationen. Vielleicht hat auch die Möglichkeit, die Nummer eins zu werden, eine Rolle gespielt. Aber solche Phasen gibt es. Er hat die vergangenen Wochen eben ein paar Matches verloren, mehr nicht, so etwas passiert. Und wenn ich ihn trainieren sehe, wie hart er daran arbeitet, wieder die Kurve zu kriegen, dann mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Ich habe das Gefühl, dass es jeden Tag besser wird, und hoffe, dass er schon diese Woche weit kommt.
Gibt es irgendetwas, dass Sie überrascht hat?
Definitiv die Umfänge. In Monte Carlo stand Sascha vier Stunden auf dem Platz und ist danach ins Gym gegangen und hat da noch eine brutale Einheit durchgezogen. Das habe ich in der Intensität noch nie erlebt, aber das ist auch sein Erfolgsrezept, das bisher zu 99 Prozent aufgegangen ist. Das eine Prozent, das noch fehlt, ist der Grand-Slam-Titel. Sport ist nicht immer planbar, aber ich hoffe für ihn, dass das noch klappt. Verdient hätte es Sascha auf jeden Fall.
INTERVIEW: MATHIAS MÜLLER