Rekordhalter: Nach seinem deutschen Rekord beim Berliner Halbmarathon strebt Amanal Petros nun in London die nationale Bestzeit über die doppelte Distanz an. © IMAGO/Baumgarten
London – Amanal Petros setzt sich große Ziele, das macht er schon immer so. „Wenn ich in einen Wettkampf gehe, will ich etwas Besseres herausholen“, sagt der deutsche Top-Läufer, also: eine Bestzeit. „Und persönliche Bestzeit heißt in meinem Fall auch der deutsche Rekord, denn es sind nur zwei Sekunden Unterschied“, ergänzt der Leichtathlet im sport.de-Interview vor dem London-Marathon angriffslustig.
Der 29-Jährige möchte die nationale Bestmarke zurückerobern, die ihm sein Landsmann Samuel Fitwi vergangenen Dezember in 2:04:56 Stunden um eine Winzigkeit entrissen hatte. Angesichts von Petros‘ Form, die er Anfang des Monats bei seinem jüngsten Rekordlauf über die Halbmarathon-Distanz in Berlin (59:31 Minuten) eindrucksvoll unter Beweis stellte, scheint das nicht unrealistisch zu sein. Gut möglich ist allerdings auch, dass seine Rekordjagd am Sonntag (ab 9.50 Uhr) von einer anderen in den Schatten gestellt wird.
Denn neben Petros wird in der britischen Hauptstadt auch Jacob Kiplimo an der Startlinie stehen. Jener Mann, der im Februar im Alter von 24 Jahren die Weltbestmarke über die Halbmarathon-Distanz in 56:42 Minuten pulverisierte – und bei seinem Debüt über die 42,195 km entlang der Themse, über die Tower Bridge und vorbei an Big Ben den Weltrekord des 2024 tödlich verunglückten Kenianers Kelvin Kiptum (2:00:35 Stunden) angreifen dürfte.
Prognosen über die Marathon-Fähigkeiten des neuen Wunderläufers aus Uganda sind schwierig. Petros ist skeptisch. „Der ist ein herausragender und erfolgreicher Athlet. Aber: Marathon ist etwas anderes. Marathon ist fies. Das ist nicht vergleichbar mit 10 km oder 21 km, das ist ein anderes Level“, sagt er. Nicht zuletzt das starke Teilnehmerfeld um Ex-Weltrekordler Eliud Kipchoge und Vorjahressieger Alexander Mutiso, für Petros „die stärkste Gruppe aller Zeiten“, verspricht jedoch starke Zeiten.
Für Petros sind diese Sphären noch nicht erreichbar. Der neuntschnellste Europäer der Geschichte ist in den vergangenen Jahren aber immer schneller geworden – durch fortschreitende Technologie mit Hightech-Schuhen, aber auch durch die nationale Konkurrenz, unter anderem von Fitwi, den er sehr schätzt. „Wir haben uns in den letzten Jahren immer weiter gepusht, erst auf 2:09, dann auf 2:07 Stunden. Und wo sind wir jetzt? Bei 2:04 Stunden! Es gehört zur Marathongeschichte, dass wir uns gemeinsam pushen“, sagt Petros.
Nun will der gebürtige Eritreer, der nach der Ermordung seines Vaters mit seiner Mutter und zwei Schwestern nach Äthiopien flüchtete, als 16-Jähriger nach Deutschland kam und dort im Laufen Trost fand – die Marathon-Bestzeit noch weiter nach unten drücken. Seine Taktik in London? Keine Taktik! „Ich achte null auf die Taktik. Ich greife nur die Bestzeit an.“
SID