Verzweifelt: Für Hamilton hat sich der Wechsel zu Ferrari bislang nicht ausgezahlt. © Cacace/AFP
München – Er ist der Rudi Ratlos in der Formel-1-Szene. Ausgerechnet die Lichtgestalt des rasenden Milliardenzirkus sieht kein Licht am Ende des Tunnels. Lewis Hamilton (40) macht gerade die schwierigste Phase seiner Karriere durch. Nach fünf Rennen mit Ferrari zog er selbst ein gnadenlos ehrliches, aber auch verzweifeltes Fazit: „Ich fühle mich nicht wohl mit dem Auto. Ich finde keinen Zugang zu ihm. Es liegt an mir, denn Charles Leclerc hat gezeigt, dass man mit dem Auto aufs Podium fahren kann.“ Vom Traumstart bei der Verkündung ist nichts mehr übrig geblieben. Zur Erinnerung: Als Ferrari vor gut einem Jahr bekannt gab, dass Hamilton nach elf Jahren im Mercedes-Werksteam (in dieser Zeit gewann der Brite sechs seiner sieben WM-Titel) nach Maranello wechseln wird, erreichten die Ferrari-Aktien einen Rekordwert. In diesem Jahr kommt Ferrari kaum noch nach, Shirts, Mützen und andere Merchandising-Produkte mit der roten 44 (Hamiltons Startnummer) zu produzieren. Der Run auf Hamilton-Produkte droht aber zu kippen – weil es sportlich trotz eines Sieges von Hamilton beim Sprint in China nicht gut läuft in der Traumehe. Auch weil Teamkollege Charles Leclerc dem als Heilsbringer eingekauften Superstar um die Ohren fährt. Beim letzten Rennen in Saudi-Arabien fehlte Hamilton im Qualifying über eine halbe Sekunde auf seinen Teamkollegen aus Monaco. Im Rennen kam er erst über 30 Sekunden hinter Leclerc ins Ziel. Grund genug, dass die Alarmglocken angehen und in der Szene bereits über Hamiltons Zukunft bei Ferrari spekuliert wird.
Ex-Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher (49) sieht bereits jetzt schwarz, was die Zukunft Hamiltons bei den Roten betrifft. Der heutige Sky-Experte und sechsmalige Grand-Prix-Sieger kann sich vorstellen, dass Hamilton seinen ursprünglich bis Ende 2026 datierten Vertrag nicht erfüllen wird. Schumacher: „Lewis wirkt ratlos und verzweifelt, sowohl in dem, was er sagt, als auch in seiner Körpersprache. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man irgendwann morgens aufwacht und einsieht, dass es keinen Zweck mehr hat weiterzufahren. Man will ja auch seinem Team nicht im Weg stehen. Ich hoffe, dass Lewis die Kurve noch bekommt, aber ich befürchte, er wird den Helm an den Nagel hängen, bevor sein Vertrag endet.“ Ex-Teamchef Franz Tost (69) analysiert Hamiltons Situation. „Es zeigt, wie komplex die Formel 1 geworden ist. Vor allen Dingen, weil es um Hundertstel geht, die den Unterschied machen können. China hat ja gezeigt, dass es auf manchen Strecken besser geht als auf anderen.“
Der Tiroler weiter: „Leclerc muss Hamilton schlagen. Weil, ohne Hamilton abzuwerten: Leclerc kennt das Team und der Altersunterschied ist auch sein Vorteil. Gewinnt Hamilton das Duell, hat Leclerc an Ansehen verloren. Verlieren darfst du in der Formel 1 nie! Leclerc muss deshalb gewinnen und alles dafür tun.“ Sicher ist, dass Hamilton ab sofort um seine Karriere fährt. Das erste Mal übernächste Woche in Miami. Sollte es für den Briten dort wieder ähnlich laufen wie in den vergangenen Wochen, könnte der Traum in Rot ein frühes Ende finden.
RALF BACH