„Wir haben Wut im Bauch“

von Redaktion

Mainz-Manager Bungert über Bierduschen und Burkardt

Gutes Team: Trainer Bo Henriksen (li.) und Sportdirektor Niko Bungert.

… Lee Jae-sung erzielte beim 2:1 beide Tore für Mainz.

Die Mainzer wollen Joshua Kimmich (Mitte) und die Bayern am Samstag zu Fall bringen. Wie schon in der Hinrunde… © IMAGO (3)

München – Wie ein Sieg gegen die Bayern geht, weiß Niko Bungert. Der Mainzer Sportdirektor hat schon zu aktiven Zeiten gerne gegen den Branchenprimus gespielt – und tut es auch an diesem Samstag (15.30 Uhr) wieder. Im Interview spricht der 38-Jährige über große Aufgaben auf und neben dem Platz.

Herr Bungert, wie gefragt waren Ihre Tipps diese Woche? Der FC Bayern ist ja Ihr Lieblingsgegner.

(lacht) Es ist ein Lieblingsgegner, weil es immer ein besonderes Spiel ist, gegen den deutschen Rekordmeister, gegen Topspieler – da schaffen wir es immer wieder, eine besondere Motivation aufzubauen und haben es auch oft geschafft, die Bayern zu ärgern.

Haben Sie Ihre Bilanz im Kopf?

Ich weiß, dass ich viermal gewonnen habe, zweimal zuhause, zweimal auswärts.

Dazu ein Remis und fünf Niederlagen.

Ist ja fast eine positive Bilanz! Aber sie fühlt sich auch so an. Die Niederlagen habe ich natürlich alle verdrängt…

Wie viele Gratulanten melden sich denn nach einem normalen Bundesliga-Sieg – und wie viele nach einem Sieg gegen Bayern?

Da ist ein schon großer Unterschied. Als ich einmal sogar getroffen habe, ist es komplett aus dem Ruder gelaufen. Ich sage es mal so: Dass eine Partie gegen die Bayern etwas Besonderes ist, merkt man davor, währenddessen und danach.

Wie viele würden sich melden, wenn man Bayern zweimal in einer Saison schlagen würde?

Darüber kann ich am Samstag hoffentlich Genaueres berichten. Ich hoffe, wir werden es rausfinden (lacht).

Wird Mainz zum Meister-Spielverderber – oder haben Sie Angst vor den Bierduschen?

Wir haben zwar in der Bundesliga das Hinspiel gewonnen. Aber wir wissen, dass es gegen die Bayern auch in die andere Richtung gehen kann – im Pokal haben wir ja recht hoch verloren. Ihre Qualität ist brutal, es muss für uns daher viel zusammenkommen. Aber wir sind positiv gestimmt, haben richtig Lust auf dieses Spiel. Eine Bierdusche hat daher noch niemand im Hinterkopf.

Wie kann man sich die Stimmung in Mainz vorstellen: Nach einem Hoch ist man in eine Ergebniskrise gerutscht. Jammert man aber heuer auf hohem Niveau?

Ja, das muss man sich auch immer wieder vor Augen führen. Wir sind in dieser Saison erfolgsverwöhnt gewesen, eine Phase mit fünf Siegen hintereinander und dem dritten Tabellenplatz hat das auf die Spitze getrieben. Zuletzt war die Leistung zwar gut, aber wir haben es nicht geschafft, die Spiele zu gewinnen. Dass jedes Spiel für sich eine kleine Enttäuschung war, erhöht aber auch die Motivation. Wir sind natürlich nicht zufrieden mit den letzten Ergebnissen, haben Wut im Bauch – die die Bayern am Samstag spüren sollen.

Wäre die Europa-League-Qualifikation so etwas wie die Meisterschaft in München?

Genauso sehe ich das. Ich habe einmal mit Mainz in der Gruppenphase der Europa League antreten dürfen. Für mich ist das der maximale Erfolg und bleibt auch unvergesslich. Bis heute hängt ein Bild davon in meinem Büro.

Die Euphorie um Mainz wächst und wächst. Merkt man das im Alltag – beim Bäcker, beim Joggen?

Überall! Da ist ein Gefühl, dass Mainz 05 total angesagt ist. Alle haben Lust auf uns, die Spieltage sind wieder richtige Festtage, es gibt einen Kampf um unsere Tickets, die Trikotverkäufe haben sich vervierfacht. Auch der Stolz auf die Nationalspieler „made in Mainz“ ist groß. Es ist ein tolles Miteinander, das allen Spaß macht. Sogar letztes Jahr, als wir so gut wie abgestiegen waren. Das hat uns sehr, sehr viel gegeben. Die Stadt stand und steht hinter uns, wir sind noch enger zusammengewachsen.

Und trotzdem muss man im Sommer wohl wieder Leistungsträger ziehen lassen. Wie enttäuscht wären die Mainzer, wenn Jonathan Burkardt geht?

Sollte ein wichtiger Spieler gehen, fühlen viele natürlich erstmal Enttäuschung. Aber ich bin seit 2008 in Mainz – und es gab keinen Sommer, in dem nicht zwei, drei Leistungsträger den Verein verlassen haben. Das ist das Los, das Mainz 05 im Umfeld der Bundesliga gezogen hat. Wir sind auf Verkäufe angewiesen.

Ein Teufelskreis?

Nein! Oft hat man sich gefragt: Wie sollen wir das auffangen? Aber am Ende muss man sagen, wir haben es immer wieder hinbekommen. Wir schaffen es mit Jungs aus dem eigenen Stall oder aber Jungs, die wir holen und entwickeln. Das ist unser Job! Im besten Fall gelingt es in einem kurzen Zeitraum. Ich habe auch jetzt keine Zweifel, dass wir, wenn wir Spieler abgeben, andere mit viel Potenzial im Kader haben. Außerdem sind nahezu alle Spieler kommende Saison noch gebunden. Wir haben die Hand drauf – und können entscheiden, wenn wir ziehen lassen und wen nicht.

Auch der FC Bayern ist an Burkardt interessiert. Wollen Sie die Bühne für eine Absage nutzen?

(lacht) Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn er erstmal wieder zeigen kann, warum er so begehrt ist, und am Samstag gut spielt und trifft. Jonny ist mit seinem Auftritt in der Nationalmannschaft und mittlerweile 15 Toren selbstverständlich sehr gefragt – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Nach der Saison werden wir dann sehen, was passiert. Jetzt freuen wir uns erstmal auf das Saisonfinale – mit Jonny.

Würden Sie eigentlich gerne mal einen Tag mit Max Eberl tauschen?

Ehrlich gesagt nicht. Ich bin ja noch gar nicht so lange im Job, und genieße gerade jeden Tag. Mir macht es hier bei meinem Verein total viel Spaß, die Unterstützung aus meinem Umfeld tut mir gut. Daher beneide ich Max Eberl um nichts.


INTERVIEW: HANNA RAIF

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