Was fürs Herz: Eröffnungsbully mit Patrick und Leon Hager. © DEB/City-Press
Große Gefühle im Rofa-Stadion: NHL-Torhüter Philipp Grubauer. © DEB/City-Press
Rosenheim – Ein 5:0-Sieg gegen Österreich ist eine schöne Sache, aber kein Ereignis, das in den Geschichtsbüchern festgehalten wird. Da haben die deutschen Nationalspieler ja schon ganz andere Sachen erlebt, und einer wie Philipp Grubauer natürlich im Besonderen: Der Torhüter war Stanley-Cup-Sieger, er spielte mit NHL-Rekordtorjäger Alex Ovechkin zusammen, er verdient Millionen Dollar in Nordamerika, er kennt die größten Arenen. Dennoch sagte er über den späten Samstagnachmittag in Rosenheim: „Es war eines der Highlights meiner Karriere.“
Denn obwohl er drüben arbeitet, derzeit in Seattle, ist Rosenheim seine Heimat. Er hat eine Wohnung „keine 300 Meter von der Halle entfernt“, er kam zu Fuß zum Spiel. Er sah Freunde und Familienangehörige im Publikum, er hörte die Chöre von den mit 5022 Zuschauenden vollbesetzten Rängen des Rofa-Stadions, „und wenn das Spiel auf der anderen Seite stattfand, habe ich mitgesungen“.
Natürlich wurde Grubauer noch zum besten deutschen Spieler gewählt, so viel Lokalkolorit durfte die Veranstaltung haben, in der mit Patrick Hager ein weiteres Rosenheimer Gewächs seinen speziellen Moment bekam: Den Puck zum Eröffnungsbully brachte sein Sohn Leon aufs Eis. „Schön, dass ich diesen Moment mit ihm teilen konnte“, sagte Hager, der noch eine Saison für den EHC Red Bull München spielen wird.
Grubauer hatte ein wenig Glück, dass er zu einem Shut-out, einem Zu-null-Spiel kam. Im ersten Drittel war ihm ein Missgeschick unterlaufen. „Da hab‘ ich die Scheibe nicht erwuschen“, beschrieb er es auf Bairisch. Er kratzte sie dann noch von der Linie, die Schiedsrichter entschieden nach Videobeweis: kein Tor. „Mein Arm ist drei Meter lang geworden.“
Das 5:0 war das sechste und vorletzte WM-Vorbereitungsspiel, nach zähem Start gegen Tschechien und die Slowakei fanden die Deutschen, auch weil immer wieder neue Spieler von DEL-Playoff-Ausscheidern zum Team stießen, allmählich den „scoring touch“. Gegen Österreich waren Maxi Kastner (26.), Nico Krämmer (32.), Philipp Krauß (43.), Alexander Ehl (44.) und Joshua Samanski (53.) erfolgreich, man traf bei Gleich-, in Über und sogar Unterzahl. Bundestrainer Harold Kreis lobte: „Die Mannschaft hat Wechsel für Wechsel ihren Job gemacht.“ Er bemerkte „geblockte Schüsse und dass die Spieler sich füreinander gefreut haben“. Sie sind schließlich auch Konkurrenten, es geht um die Plätze im Kader. Am Mittwoch in Düsseldorf werden zur letzten Phase der Vorbereitung mit einem Spiel gegen die USA, bei der WM dann auch einer von sieben Gruppengegnern, weitere personelle Wechsel stattfinden.
Aus der NHL kommen Verteidiger Moritz Seider (Sportdirektor Christian Künast: „In der NHL Top Fünf bei den Eiszeiten – und er wird auch bei uns Minuten fressen“) und Stürmer Lukas Reichel (Künast: „Bringt Top-Geschwindigkeit“), zugesagt hat der mit dem HC Lausanne in der Schweiz Vizemeister gewordene Dominik Kahun, auch bei Abwehrspieler Maksymilian Szuber (Tucson Roadrunners/AHL) sind die Signale positiv. Plus: Kreis kann auch auf die Spieler der DEL-Finalisten Berlin und Köln zurückgreifen. Dass die Finalserie der Liga bereits zwei Wochen vor dem WM-Auftakt zu Ende ging, verschafft Kreis eine fast ungewohnt lange Trainingszeit mit dem weitgehend finalen Kader (der nur noch durch weitere NHL-Kräfte ergänzt werden könnte). Dass die Berliner erst einmal in den Feierlichkeiten abtauchten, akzeptiert er: „Einige Aktionen waren auf einem Social-Media-Kanal zu sehen, sie blieben mir nicht verborgen.“ Doch schon am Sonntag begann er, „erste Messages zu senden“.
Der unangenehme Part des Jobs ist, dass er einigen Spielern sagen muss, dass sie nicht mit zur WM fahren werden. Nicht betreffen wird das den Münchner Torhüter Mathias Niederberger, der aus einer Verletzungspause kommt und erst seit Freitag wieder auf dem Eis steht. Ob das ein Handicap sei und ob Niederberger noch einen Nachweis seiner Form erbringen müsse? Kreis‘ Antwort: „Nein und nein.“
GÜNTER KLEIN