Eine Karte, die die Welt bedeutet: Kane fehlt in Leipzig gesperrt – und versteht es nicht. © IMAGO/Hoermann
München – Was immer Harry Kane getan haben muss, um vom Fußballgott verflucht worden zu sein – es scheint, als würden ihm langsam die Pointen ausgehen. Schließlich ist hinlänglich bekannt, dass der Stürmer in seiner Karriere noch keinen großen Titel gewonnen hat. Nach dem 3:0-Sieg gegen Mainz ist nun aber so gut wie sicher, dass der FC Bayern die Meisterschaft am nächsten Samstag in Leipzig (15.30 Uhr, Sky) klarmachen wird – und Kane, na klar, ausgerechnet dann nicht mitspielen darf.
Der Engländer sah beim souveränen Sieg gegen die 05er nämlich seine fünfte Gelbe Karte, und das sorgte aus verschiedenen Gründen für Frust: Zunächst einmal war sein Einsteigen im Zweikampf mit Jonathan Burkardt kein zwingendes Foul. Kane hielt den Ball anschließend kurzzeitig fest, das reichte für Schiedsrichter Bastian Dankert, um ihn vor der Halbzeit zu verwarnen. „Eine verrückte, verrückte Entscheidung“, analysierte Kane die Szene nach Abpfiff – und allein diese Worte sorgten für Aufruhr. Schließlich ist der Stürmer ansonsten Vollprofi auf und neben dem Platz, dem so gut wie nie ein unüberlegtes Wort über die Lippen geht.
Doch beim Angreifer hatte sich dermaßen viel Frust angestaut, dass er in für ihn ungewöhnlicher Manier nachlegte: „Es ist nie eine Gelbe Karte. Leider kommen manchmal Leute in die Allianz Arena und versuchen, sich einen Namen zu machen.“ Damit war explizit Schiri Dankert gemeint, mit dem Kane bereits auf dem Platz über die Entscheidung diskutierte hatte. In der Kabine hatte Thomas Müller ihn dann „tatsächlich stinksauer“ erlebt. Auch er nannte die Verwarnung „Quatsch“, Christoph Freund tat sie „weh“, weil es „nicht gerechtfertigt war und nicht mal ein Foul. Das ist bitter für Harry.“
Und Kane? Der wusste sofort, was die Sperre für ihn bedeutet: „Deshalb bin ich wirklich enttäuscht, dass ich die Gelbe Karte bekommen habe, denn ich wusste natürlich, dass ich schon vier hatte. Und zweitens finde ich die Regel ohnehin verrückt. Fünf Gelbe Karten in 34 Spielen bedeuten eine Sperre. Das ist verrückt.“ Er wünscht sich daher eine Regeländerung zum englischen Modell, bei dem die Karten nach der Saisonhälfte auf Null gesetzt werden. „Man sollte sie neu regeln wie in der Premier League. Ich verpasse ein wichtiges Spiel, weil ich im ersten Saisonspiel eine Gelbe Karte bekommen habe. Das ergibt keinen Sinn. Vielleicht sollte man sich das für die Zukunft überlegen.“
Besonders bitter ist, dass es Kanes erste Gelbsperre überhaupt in seiner Karriere ist. Die Ironie darin, dass sie ausgerechnet auf den mutmaßlichen Titel-Gewinn in Leipzig fällt, erkannte auch er: „Es ist ein bisschen meine Geschichte, dass ich das Spiel in Leipzig verpasse. Aber keine Angst, ich werde mehr feiern als jeder andere“, sagte der Stürmer und kündigte bereits an, auf jeden Fall mit dem Team nach Leipzig zu reisen. Eine Feier am Samstag hatte Leverkusen mit dem 2:0 Augsburg verhindert.
Auf die eine oder andere Bierdusche kann sich also auch Kane einstellen, das für Samstag bereitgestellte Paulaner-Bier wird auch zum Meisterfinale transportiert. „Wenn wir es in trockene Tücher gebracht haben, werden wir es genüsslich zu uns nehmen“, sagte Sportdirektor Freund. „Wir haben es nun selbst in der Hand – und das ist ein gutes Gefühl.“
V. TSCHIRPKE, H. RAIF