GIRO D‘ITALIA

Gipfelsturm mit Ansage

von Redaktion

Roglic und Pogacar-Prinz Ayuso kämpfen um das Maglia Rosa

Kopf an Kopf: Primoz Roglic (li.) und Juan Ayuso.

2023 stand Roglic beim Giro schon ganz oben. Er übernahm erst auf der vorletzten Etappe das rosa Trikot.

Der vielleicht entscheidende Anstieg: Auf der Königsetappe geht es auf Schotter auf den Colle delle Finestre – mit 2178 Meter der höchste Punkt der Italien-Rundfahrt. © Imago (3)

Durres – Für Primoz Roglic wird der diesjährige Giro d‘Italia sogar ganz kurz zu einem Heimspiel. Auf der 14. Etappe der an diesem Freitag startenden Italien-Rundfahrt überquert das Peleton gleich dreimal die italienisch-slowenische Grenze und endet in Roglics Heimatland. Und dort wird der 35-jährige Routinier allen Erwartungen nach frenetisch empfangen – ob im berüchtigten rosa Trikot des Gesamtführenden oder nicht.

In Abwesenheit von Landsmann und Vorjahressieger Tadej Pogacar, Jonas Vingegaard und Olympiasieger Remco Evenepoel gilt der Kapitän von Red Bull-Bora-hansgrohe als klarer Favorit auf seinen zweiten Giro-Gesamtsieg. „Es ist möglich“, sagt Roglic vor der ersten dreiwöchigen Rundfahrt des Jahres trocken. Seine Rennkilometer in diesem Frühjahr hielten sich in Grenzen, der Slowene ließ jedes Eintagesrennen aus. „Ich muss Energie sparen, ich bin alt“, scherzt der Sieger von 2023 bei cyclingnews.

Der Fokus lag auf seinem dreiwöchigen „Camp Roglic“ auf der kanarischen Insel Teneriffa. Sein zweites Höhentrainingslager des Jahres auf bis zu 2300 Metern hatte ihn perfekt auf die Katalonien-Rundfahrt vorbereitet. Ende März präsentierte sich der Slowene dann in Topform und schnappte sich vor dem Spanier Juan Ayuso den Gesamtsieg. „Es war einfach schön, zu sehen, dass sich das Training hier auf dem Teide ausgezahlt hat und das Level hoch war. Egal wie der Giro jetzt ausgeht – Katalonien ist schon mal in der Tasche“, analysiert Roglic, der damit vielleicht den Grundstein für einen weiteren Erfolg in Italien gelegt hat.

Beim Giro kommt es erneut zum Aufeinandertreffen von ihm und Ayuso. Der 22-Jährige aus dem Pogacar-Team UAE-Emirates-XRG will bei seiner ersten Grand-Tour als Kapitän und seinem ersten Giro überhaupt gleich den ganz großen Wurf. „Alle Augen sind auf mich und Primoz gerichtet“, sagt er im spanischen Fernsehen. „Mir geht es nicht nur um einen Podiumsplatz. Ich will gewinnen“, lautet Ayusos Kampfansage. Von seinem Team aber heißt es, dass UAE mit einer Doppelspitze angreife. Denn der Brite Adam Yates sei dem selbstbewussten Spanier gleichgestellt. Der 32-Jährige gibt sich vor dem Showdown mit Roglic und Red Bull-Bora-hansgrohe aber nur minimal zurückhaltender. „Wir kommen mit großen Zielen. Ich denke, dass ich und Juan in der Lage sein sollten, den Angriff auf die Gesamtwertung zu starten“, wird er in einer Pressemitteilung zitiert.

Aus deutscher Sicht glänzt der wohl vielversprechendste Radprofi, Florian Lipowitz (Red Bull-Bora-hansgrohe), wie Pogacar mit Abwesenheit. Der Plan für den 24-Jährigen, den Teamchef Ralph Denk „behutsam“ für die Kapitänsrolle aufbauen will, sieht das weniger in der Öffentlichkeit stattfindende Acht-Etappen-Kriterium Dauphiné in Frankreich vor. Dennoch ist ein Start bei der Tour de France oder der Vuelta in Spanien, bei der Lipowitz vergangenes Jahr als Helfer für Gesamtsieger Roglic gar den siebten Platz erreichte, nicht ausgeschlossen.

Dafür startet der letztjährige Etappensieger Georg Steinhauser wieder beim Giro. Der Fahrer für das amerikanische Team EF Education-EasyPost hängte bei einer Bergetappe mit seinem Soloritt über knapp 30 Kilometer auch Superstar Pogacar ab und schaffte den größten Coup seiner Karriere. Der 23-Jährige zeigte auch schon in diesem Frühjahr, dass ihm wieder eine Überraschung gelingen könnte: Auf dem vorletzten Abschnitt von Paris – Nizza überzeugte er mit einem dritten Platz; und bei der Katalonien-Rundfahrt war er nur zwei Kilometer von einem Tagessieg entfernt.

An diesem Freitag „starten wir alle wieder bei null“, bringt es Favorit Roglic auf den Punkt. Von der albanischen Hafenstadt Durazzo geht es 160 Kilometer ins Landesinnere bis nach Tirana. Vielleicht trägt dann schon einer der Favoriten das Maglia Rosa.
ALEXANDER VORMSTEIN

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