ZUM TAGE

Ein Hoch auf die Menschlichkeit

von Redaktion

Müller-Abschied aus der Arena

Irgendwann an diesem Abend – auf dem Weg zwischen dem Rasen der Allianz Arena und der Feier-Location in der Innenstadt – kam Thomas Müller auch an denjenigen vorbei, die ihn in den vergangenen 18 Jahren auf Schritt und Tritt begleitet haben. „Ist vielleicht komisch für euch, dass sich auch mal jemand bei Euch bedankt“, rief er den wartenden Journalisten zu. Fragen waren nicht erlaubt, sprechen wollte der Mann, der „immer auch Verständnis und ein Herz“ für nervige Interviews gehabt hat. Große Worte, ernst gemeinte Worte. Ein weiteres kleines Kapitel an diesem Tag, an dem Müller allein – und nicht der Verein – die richtigen Akzente an den richtigen Stellen setzte.

Schon vor und nach dem Abpfiff dieses zweitrangigen 2:0 gegen Mönchengladbach hatte Müller Müller-Dinge getan und somit seine eigene Party gefeiert. Der Südkurve sagte er artig danke für die Choreo, das obligatorische Bild mit all den 33 gewonnenen Trophäen und den Blumenstrauß brachte er genauso schnell zurück an die Seitenlinie wie die Spende für seine Stiftung, ehe er ausrief: „Lasst uns spielen.“ Und die rund 70 000 wartenden Arena-Besucher, die bei seiner im Protokoll vorgesehenen Privat-Audienz in der Südkurve nach Abpfiff genau gar nichts verstanden hatten, belohnte er im Anschluss mit Worten, die aus dem Herzen kamen. Ohne Tränen, ohne Sentimentalitäten, aber garniert mit viel Wahrheit. Der krönende Abschluss: ein Witz über eine Beerdigung. Makaber, aber Müller pur.

Dass die Arena zu diesem Zeitpunkt noch voll war, war nicht dem gelungenen Drehbuch geschuldet, sondern ganz genau einer Person. Müller waren die runden Abschieds-Zahlen – 750 Spiele, 25 Jahre – komplett egal. Müller war die pünktlich gelaunchte „The Original 25 – Thomas Müller“-Kollektion egal. Und ihm war auch egal, dass die Einnahmen aus ihr womöglich ein weiteres Jahr mit ihm im roten Trikot hätten finanzieren können. Müller lebte diesen Abend, für sich und für die Menschen, die ihn lieben. Heraus kam daher am Ende ein Abschied, den der FC Bayern noch nie erlebt hat – und nicht mehr erleben wird.

Wie groß die Müller-Lücke ist, wird man ab Sommer überall spüren. In der Kabine, auf den Rängen, vor den Mikrofonen. Also genau da, wo Müller am Samstag seine eigenen Zeichen gesetzt hat – und jedem vor Augen führte, dass es einen wie ihn in diesem oberflächlichen Business nicht noch einmal gibt. Ein Jammer ist das! Denn Menschlichkeit tut so gut.

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