Reichel verspürt den „Fun-Faktor“

von Redaktion

Zwei deutsche Siege zum WM-Auftakt – Diplomatie im Fall Tim Stützle

Ausgeprägte Spielfreude: Lukas Reichel beim WM-Auftakt mit Deutschland. © DEB/City-Press

Herning/München – Wenn bei der Weltmeisterschaft ein Spiel beendet ist, gleiten die beteiligten Mannschaften nicht einfach vom Eis. Es gibt nämlich noch eine Zeremonie: Das Abspielen der Hymne des siegreichen Teams – und für beide Seiten die Ehrung des jeweils besten Spielers. Das ist natürlich in erster Linie eine Sponsorengeschichte und eine kleine Bühne für die Honoratioren der Eishockey-Verbände, die einen Preis übergeben und ein schönes Foto bekommen. Doch es kann auch ein schöner Moment für die ausgezeichneten Akteure sein: Ihr Name wird aufgerufen, sie legen Handschuhe und Schläger ab, skaten zum roten Teppich und bekommen den Applaus der Kollegen. Bestimmt wird der beste Spieler nicht von einer geheimnisvollen Jury, sondern vom zuständigen Bundestrainer – und so kann eine Wahl auch ein psychologisches Mittel sein, einen bestimmten Spieler zu motivieren, zu stärken.

Nach dem 6:1 (2:0, 2:0, 2:1)-Sieg zum WM-Auftakt gegen Ungarn bestimmte der deutsche Bundestrainer Harold Kreis Lukas Reichel zum Mann der Veranstaltung. Unter den Torschützen (Dominik Kahun 2, Joshua Samanski, Lukas Kälkle, Frederik Tiffels, Alexander Ehl) war der 23-Jährige nicht zu finden. Er hatte aber zwei Tore vorbereitet, viele spektakuläre Szenen eingeleitet – und vor allem wollte der Bundestrainer dem im Rosenheimer Nachwuchs groß gewordenen und mit 18 nach Amerika aufgebrochenen Stürmer zeigen: Im Nationalteam bist du immer willkommen. In der NHL, bei den Chicago Blackhawks, hat Reichel den Status eines Ergänzungsspielers – bei der WM darf er sich in tragender Rolle austoben. „Er hat mir läuferisch sehr gut gefallen“, lobte Kreis, Reichel selbst sprach davon, „dass der Fun-Faktor da war“. Abgesehen von einer schwächeren Phase im zweiten Drittel hatte Deutschland den Aufsteiger Ungarn gut im Griff, die Sturmreihen wirkten schon recht harmonisch. NHL-Spieler Reichel wirbelte im Verbund mit Frederik Tiffels (Berlin), der in seinen College-Jahren in Amerika zu einem überragenden Skater geworden war, und dem künftigen NHL-Spieler (Edmonton) Joshua Samanski.

Reichels Performance zu sehen, machte den deutschen Fans in Herning Lust auf die kommenden WM-Tage, in denen auch Tim Stützle eingreifen wird. Am Freitagabend hatte der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) endlich die Freigabe der Ottawa Senators bekommen. Zwischen dem NHL-Club und den Deutschen stand die Geschichte von Stützles bislang einziger und kurzer WM-Teilnahme 2022. Nach einer im Turnier erlittenen Knieverletzung wurde Stützle von seinem Verein abgezogen. „Das Ärzte- und Physioteam von Ottawa war damals für die kanadische Mannschaft vor Ort“, erinnert sich DEB-Sportdirektor Christian Künast. „Da fielen Aussagen, mit denen ich nicht einverstanden war.“ Die diplomatischen Verstimmungen sind nach drei Jahren ausgeräumt, auch weil die Senators ein neues Management haben.

Stützle landete am Sonntag in Herning. Noch ohne ihn gelang im zweiten Spiel ein 4:1 (1:1, 1:0, 2:0) gegen Kasachstan. Lukas Reichel war der Schütze des 3:1, doch als besten Spieler benannte Kreis den Münchner Maxi Kastner, der das 1:1 erzielte (14.), nachdem die Kasachen in Führung gegangen waren und sich als wehrhaft erwiesen. Die weiteren Tore erzielten Wojciech Stachowiak (2:1) und Lukas Kälble (4:1).
GÜNTER KLEIN

Artikel 3 von 11