„Erbärmlich und peinlich“

von Redaktion

Trainer Herbert geht mit seinen formschwachen Bayern hart ins Gericht

Schwer verstimmt: Gordon Herbert war nach der Partie gegen Ludwigsburg fassungslos. © IMAGO

München – Als der erste Groll verflogen war, hat sich Gordon Herbert dann doch noch einmal hingesetzt. Hat gewartet, was sich da an den anderen Schauplätzen dieses BBL-Spieltages zusammenbraute. Wobei es ihn eigentlich kaum juckte, wer die vier Play-In-Teilnehmer sein würden, die bis Donnerstag auch den ersten Playoff-Gegner seiner Bayern-Basketballer im Viertelfinale ermitteln werden. „Wenn wir so spielen wie heute“, zischte Herbert nach dem 73:72-Zittersieg gegen die Riesen Ludwigsburg, „dann wird es gegen jeden schwer.“

Und das war nur noch der Ausläufer einiger Kommentare mit denen der sonst so gleichmütige Kanadier auf seine Art fast ein bisschen an die legendäre Wutrede von Fußball-Coach Giovanni Trapattoni erinnerte. „Erbärmlich und peinlich“, sei der Auftritt seiner Mannschaft vor allem in der ersten Halbzeit gewesen, als man sich von den kampfstarken Schwaben zeitweise regelrecht vorführen ließ. Man habe gespielt, wie am Strand. Sei sogar „so soft“ an diese letzte und entscheidende Hauptrundenpartie um Platz eins herangegangen, dass es „härter wäre, wenn ich mir ein Eis kaufe.“

Und es ist eine der großen Fragen dieser Tage: Wo ist sie geblieben, die Form, mit der die Bayern in dieser Saison unter anderem die AS Monaco und Olympiakos Piräus niederrangen – zwei der vier Teams, die Ende des Monats im Finalturnier der Euroleague um Europas Krone kämpfen? Klar, ein Durchhänger mag menschlich sein. Man hat 71 Spiele in den Knochen. Das internationale Ziel ist abhandengekommen, das nationale kommt erst jetzt in Sicht. Doch die Münchner Protagonisten hatten selbst in den vergangenen drei Wochen immer wieder betont, wie wichtig es sei, noch vor dem Ernstfall am kommenden Samstag in den Playoff-Modus zu kommen.

Doch es trat eher das Gegenteil ein. Schon die letzten Auftritte gegen Absteiger Göttingen und in Bonn waren eher aus der Kategorie gemütliche Trainingseinheit. Gegen Ludwigsburg ließen die Bayern bis zu den fünf Schlussminuten alles vermissen, was in der K.o.-Phase sicher nötig sein wird. „Ich hoffe, dass es ein Warnschuss zur rechten Zeit war“, sagte Herbert. Weltmeister Niels Giffey, der das Spiel mit zwei Dreiern in der letzten beiden Minuten noch aus dem Feuer riss, glaubt, dass „es vielleicht gar nicht so schlecht ist, dass wir erst Donnerstagnacht unseren Gegner kennen“. Denn: „Wir sind es, die nicht das spielen, was sie können. Wir müssen vor allem zu uns selbst finden – zusammen finden.“

Dabei hatten die Bayern dank Giffeys Wurf am Ende sogar doppelt Glück. Denn durch den Heidelberger Verlängerungssieg gegen Frankfurt wurde Alba Berlin doch noch auf Platz sieben gespült. Bei normalem Verlauf des Play-Ins werden die Hauptstädter nun also der Herausforderer des Hauptrunden-Vizemeisters aus Ulm – womit einer der nominell stärksten Bayern-Rivalen also schon im direkten Duell auf der Strecke bliebe.

Allerdings könnte es für die Bayern im Viertelfinale tatsächlich zu einem pikanten Wiedersehen kommen. Sollte Pokalsieger Mitteldeutscher BC am Dienstag in Berlin verlieren und dafür die zweite Chance am Donnerstag vor eigenem Publikum gegen Oldenburg oder Rostock gewinnen, dann käme es am Samstag zur Neuauflage jenes heiß umstrittenen Duells vor gut zwei Wochen, das die Bayern wohl nur dank eines Patzers der Unparteiischen für sich entschieden.

Das Wiedersehen gäbe es vor größerer Kulisse im SAP Garden – 7000 Tickets sind bereits abgesetzt.
PATRICK REICHELT

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