ZUM TAGE

Glöckner bleibt – der Erfolgshunger ist groß

von Redaktion

TSV 1860: Nostalgie und Aufbruch

Die drei Abgesandten des Profiteams – der Japaner Kozuki, der gebürtige Nigerianer Abiama und der Ex-Hachinger Vollath – machten große Augen, als sie (erstmals) ganz tief in den Mythos eintauchten, der den TSV 1860 umgibt. Da pilgerten an einem Mittwochabend im Mai (Biergartenwetter!) 350 zahlende Fans in eine Holzhütte, um sich noch mal vom Glanz der 60er-Jahre verzaubern zu lassen. Drei alte Helden auf der Bühne (Heiß, Reich, Patzke), dazu Zeitzeugen, die ihnen damals zugejubelt haben – miteinander sind sie älter geworden, aber seit dieser Zeit verbunden durch das weiß-blaue Band der Emotionen, das den Traditionsverein aus Giesing zusammenhält

Die Historiker des Vereins hatten keine Mühe gescheut und Original-Filmmaterial von 1965 aufgetrieben, auch die Radioreportagen des legendären Herbert Zimmermann wurden eingespielt, der Radi „mit den 1000 Armen“ bestaunt. Drei Stunden dauerte der Wembley-Nostalgieabend, und als um 22 Uhr das Licht anging, gab es tosenden Beifall, Jubel, euphorische Sprechgesänge. Einmal Löwe, immer Löwe! Die Rede ist wohlgemerkt von einem Endspiel, das 1860 nicht mal gewonnen hat (0:2 gegen West Ham). Sich und den Verein trotzdem so feiern zu können, auch noch nach 60 Jahren – so eine Leidenschaft muss man lange suchen, und im Falle der Löwen liegt die Betonung ja auch auf Leiden. Kurzen Phasen des Erfolgs folgen lange, in denen alles Unheil der Fußballwelt zusammenkommt: Zwangsabstiege, Finanzlöcher, das 60-typische Hauen und Stechen der Funktionäre. Aktuell ist man Tabellenzehnter in der 3. Liga, doch siehe da: Ein bisschen Nostalgie, zwei heimgekehrte Hoffnungsträger für den Sturm (Volland, Niederlechner) – es braucht gar nicht viel, um die Löwenseele glücklich zu machen.

Was zur Trainerfrage führt, die am Donnerstag nach langem Poker entschieden wurde. Patrick Glöckner bleibt – weil auch er sich hat erfassen lassen vom weiß-blauen Virus ( „Wer sich hier nicht wohlfühlt, dem ist nicht zu helfen“). Auch wenn er beim Wembley-Abend verhindert war: Der gebürtige Bonner dürfte in den 17 Spielen unter seiner Leitung gespürt haben, was er bei diesem Verein bekommen kann. Reich wird keiner, der mit 1860 zu tun hat, aber die meisten sind reich an Erlebnissen, wenn sie eines Tages zurückblicken. So wie die (verhinderten) Löwen-Helden von Wembley. Schon ihnen wäre zu gönnen, dass der Verein auch mal Anlass bietet, ein paar frischere Erfolge zu begießen. Schwer ist das nicht in der 3. Liga, wenn man die Löwen Fußball spielen lässt wie im Frühjahr: kraftvoll, dynamisch – mit dem Biss von Patzke, Reich und Heiß. Das über die ganze Saison 2025/26 hinzukriegen, ist jetzt Glöckners Auftrag. Damit die nächste Feier in der Sechzger-Alm keine Nostalgieparty ist. uli.kellner@ovb.net

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