Hiller geht als Löwen-„Legende“

von Redaktion

Fans und Mitspieler feiern den scheidenden Keeper – auch vier Talente weg

„Fühlt sich falsch an hier oben“: Der gesperrte Patrick Glöckner in einer Reporterkabine (nebenan: Sportchef Werner). © Sampics

Gegründet am 17. Mai 1860: Gefeiert wurde am Samstag auch der 165. „Geburtstag“ des Vereins. © IMAGO

Ciao, Marco, ciao: Mitspieler, viele auch bald weg, stehen Spalier für den beliebten Torhüter und Fanliebling Hiller. © Sampics

München – Irgendwann wurde die Delegation von Erzgebirge Aue erlöst, der Gast nach Hause geschickt, die gemeinsame Pressekonferenz abgesagt. Die Löwen setzten nach ihrem Saisonabschluss-Remis (1:1) andere Prioritäten. Es galt, Marco Hiller zu feiern, der schon vor dem Anpfiff als „Legende“ (Stadionsprecher Schäch) geadelt wurde, dem am Samstag Plakate und Sprechchöre gewidmet wurden – und der nun auf dem Zaun stand, Megafon in der Hand, Kloß im Hals. Der Abschied fiel beiden Seiten erkennbar schwer, den Fans wie dem Spieler. Und während sich die Party um das Torhüter-Idol zog, stand Jesper Verlaat in der Mixed-Zone und sprach aus, was viele bei 1860 denken. „Das ist eine große Pille, die wir alle schlucken müssen, denn da geht dem Verein schon ein großer Charakter und Spieler verloren“, sagte der Kapitän, der zugleich Hillers bester Freund in der Mannschaft war.

Hiller wird die Saison mit Teilen der Mannschaft auf Mallorca ausklingen lassen, am Ende seines 17. Jahres bei 1860 stand ein unbefriedigender 11. Platz – den möglichen Sprung in die vordere Tabellenhälfte verpassten die Löwen, indem sie wie in allen Spielen seit der Rettung „die letzten zwei, drei Prozent“ vermissen ließen. Patrick Glöckner sprach das so klar und offen an – der rotgesperrte Trainer hatte das Spiel in einer der früheren Reporterkabinen verfolgt und mitgelitten, „weil sich das von oben falsch anfühlt“. Aus der Vogelperspektive sah Glöckner zwei Tore, an denen jeweils der künftige Löwe Kilian Jakob beteiligt war. Das frühe 0:1 nach einem Danhof-Aussetzer legte der Schienenspieler mit einem gut getimten Pass vor (Seitz, 2.), vor dem Ausgleich nach der Pause zupfte er dann Kozuki am Trikot. Den fälligen Elfmeter verwandelte Thore Jacobsen. Glöckners Fazit: „Unsere Leistung war durchwachsen.“ Gefreut habe ihn dagegen der „unglaubliche Support“ für Hiller: „Den hat er sich über Jahre verdient – und natürlich wird er dem Verein fehlen.“

Wie berichtet war Hiller aber nicht der einzige Löwe, der vor dem Anpfiff ein gerahmtes Abschiedsbild überreicht bekam. Verabschiedet wurden zudem Leroy Kwadwo (spielte noch mal 90 Minuten), Marlon Frey, Torwarttrainer Harry Huber, die vier NLZ-Talente Erion Avdija, Moritz Bangerter, Tim Kloss und Raphael Ott sowie Dickson Abiama, der aber einen Koffer in München lässt. „Dickson möchte zurück zu Lautern gehen, aber wir bemühen uns um einen weiteren Verbleib“, sagte Sportchef Christian Werner: „Seine Leihe war eine absolute Win-win-Situation, daher ist das kein definitiver Abschied, das Thema könnte noch mal aktuell werden.“

Spannend ist auch, wer nicht zu den verabschiedeten Spielern gehörte: das Trio Lukas Reich, Sean Dulic und Julian Guttau, alle im Blickfeld von Zweitligisten stehend. Während Reich ein Verkaufskandidat bleibt (ggf. mit Rückleihe), bemüht sich Werner darum, mit Dulic und Guttau zu verlängern, offenbar aussichtsreich. Bleiben könnte zudem Andy Lucoqui. Der Linksverteidiger, der sich in die Herzen der Fans gespielt hat, fehlte nach seiner Knie-OP, hat aber in Glöckner einen großen Fürsprecher. Fabian Schubert schließlich, eine Kabine neben Glöckner und Werner sitzend, hat keine Zukunft bei 1860, allerdings dürfte es für Werner nicht ganz einfach werden, den bis 2026 gebundenen Großverdiener von der Gehaltsliste zu bekommen.

Und wie geht es bei 1860 im Tor weiter? Hiller ist erst mal weg, wird mit französischen Zweitligisten und dem 1. FC Kaiserslautern in Verbindung gebracht. Gesucht wird eine neue Nummer eins, die von René Vollath trainiert und vertreten werden soll. Huber geht, laut Werner „ist er selber mit dem Wunsch auf uns zugekommen, dass er den Verein verlassen möchte“. Vollath rückt auf und wird auch weiterhin als Nummer zwei auf der Löwen-Bank Platz nehmen.
ULI KELLNER

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