Dampfmacher links hinten

von Redaktion

1860: Jakob hat große Ziele

Punktet offensiv wie defensiv: Kilian Jakob, hier als Bewacher von Julian Guttau. © IMAGO

München – Was für eine Laune des Schicksals! Da sorgt der Spielplan dafür, dass Kilian Jakob an seinem letzten Tag im Aue-Trikot gleich mal bei seinem künftigen Verein vorspielen kann, und dann das: Der Noch-Erzgebirgler hat die erste Szene des Spiels, flankt von links und leitet so die Führung der Gäste ein: Seitz muss den Ball nur noch über die Linie drücken. Eine gute Stunde später im selben Strafraum, ein paar Meter mittiger: Jakob steht ungünstig, als 1860 den Druck erhöht: Zupfer an Kozukis Trikot – es gibt Strafstoß, den Jacobsen sicher verwandelt. 1:1 steht es, als Jakob kurz darauf ausgewechselt wird, 1:1 auch am Ende. Ohne ihn, lässt sich festhalten, wäre das Saisonfinale auf Giesings Höhen noch ereignisärmer verlaufen.

Der Linksverteidiger muss grinsen, als er nach dem Spiel in der Mixed-Zone auftaucht. Erst wird er von einem Kamerateam der Sachsen befragt, kurz darauf winkt Joachim Mentel, ein langjähriger Mitarbeiter in der 1860-Pressestelle. Bitte kurz rüberkommen, Kilian – vor die Sponsorenwand der Gastgeber. Schließlich haben auch die Münchner Reporter ein paar Fragen. Gerade noch Antworten als Aue-Profi, jetzt schon aus Sicht des Bald-Sechzgers. Besser lässt er sich nicht dokumentieren, der Seitenwechsel, der sich am Samstag nach dem Schlusspfiff in Jakobs Bewusstsein vollzogen hat.

Wie war das also, erst Aue jubeln zu lassen und später die Löwen? „Ich wollte zeigen, was ich kann hier vor den Fans“, sagte Jakob, der nach sieben Jahren „auf der Walz“ zurückkehren wird. Gegangen als Rohdiamant, infolge des Doppelabstiegs der Löwen (2017). Nun als gereifter Profi kurz vor der Heimkehr. Bereits im Januar hatte Jakob seinem Ausbildungsverein das Ja-Wort gegeben. Ein schlüssiger Transfer aus Sicht der Löwen, die einen der besten Linksverteidiger der 3. Liga bekommen. Zuletzt allerdings, ahnt Jakob, ist sein Name fast ein bisschen untergegangen. Ihm sei wichtig gewesen, dass die Fans auch Vorfreude auf ihn entwickeln, erklärte der 27-Jährige, „dass dann nicht nur die Namen Volland und Niederlechner dastehen, sondern auch Jakob“.

Augsburg, Türkgücü, Karlsruhe, Aue – das waren Jakobs Stationen, seit er die Löwen nach einem Einsatz fürs Profiteam verlassen hat. Hinzugekommen seither: Erfahrung in den höchsten vier Spielklassen. 1 x Bundesliga, 17 x 2. Liga, 80 x 3. Liga (sieben Tore, sechs Assists) – plus diverse Regionalliga-Einsätze für Augsburg II. Kurz nach seinem Weggang von 1860 hatte sich Jakob die Kniescheibe gebrochen. Eine Verletzung, die ihn ordentlich aus der Bahn warf. Ohne diesen Rückschlag, glauben viele, hätte der Musterathlet das Zeug gehabt, sich in Augsburgs Bundesligakader festzukrallen.

„Für mich gab‘s immer den Gedanken, irgendwann zurückzukehren“, erklärte Jakob: „Hier ist meine Heimat. Solche Chancen muss man nutzen. Damals bin ich mit Ambitionen gegangen.“ Nun kehrt er mit Ambitionen zurück. Dass er dabei auch den Tabu-Begriff 2. Liga in den Mund nahm („Ich glaub, da will jeder hin“), sei ihm verziehen. Auf dem Papier stand er am Samstag ja noch bei Aue unter Vertrag, wo man womöglich offensiver mit solchen Zielen umgeht.

Das nötige Selbstbewusstsein bringt er auf jeden Fall mit. Bis auf die Elfmeterszene habe jeder sehen können, für was er stehe – „für „Tempo, für viel Zug nach vorne und für defensive Stabilität“.
ULI KELLNER

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