München – Erst Mallorca, dann woanders Sonne, Strand und das süße Nichtstun genießen. So läuft es für die meisten 1860-Profis, die nach der Saison inzwischen auch ihren Ballermann-Trip hinter sich gebracht haben. Lukas Reich, der Rechtsverteidiger, fährt wie üblich ein Kontrastprogramm, ein äußerst anstrengendes.
Nach dem letzten Saisonspiel ging’s für Reich (18) zurück auf die Schulbank. Gymnasium, 12. Klasse – das Abi wirft seine Schatten voraus. Erst in den Pfingstferien wäre ein bisschen Erholung drin gewesen, doch auch aus dieser Auszeit wird nichts, wie der Spieler seit Dienstag weiß. Der Junglöwe aus Reithofen steht im DFB-Aufgebot für die U 19-EM in Rumänien.
In der Vorrunde geht’s gegen Holland (14.6.), England (17.) und Norwegen (20.). Auch den Vorbereitungsstart bei 1860 wird Reich verpassen (22. Juni) – wenn er bis dahin überhaupt noch ein Löwe ist. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass Reich seine Karriere beim Zweitligisten Greuther Fürth fortsetzen wird; dort steht nach der Last-Minute-Rettung ein Umbruch bevor.
Was für ein Jahr für Reich, den 18 Jahre alten Dauerbrenner! 31 Einsätze in der 3. Liga, Stammkraft im DFB-Kader, sogar in der Schule läuft es (noch kein Fach unterpunktet) – und nun ist er auch noch Gegenstand von Wechselspekulationen. Eigentlich müsste so einer in seinem Verein höchstes Ansehen genießen, doch im Fall von Reich und den Löwen scheint die Beziehung einen Knacks bekommen zu haben.
Dass der Rechtsverteidiger als Verkaufsobjekt gilt, sorgt auch im Umfeld des Spielers für Verwunderung. Geplant war das ursprünglich anders. Reich sollte bei 1860 verlängern, zumindest bis zum Zeitpunkt seines geplanten Abiturs (Juni 2026). Ursprünglich war sogar vom Morgalla-Modell die Rede, also von einem langfristigen Vertrag, der beiden Seiten Sicherheit gibt (auch Reich wird von Christian Nerlinger beraten). Seit knapp einem Jahr soll das kein Thema mehr sein, berichtet einer, der nah dran ist. Seine Vermutung: Die Löwen brauchen das Geld, kalkulieren optimistisch mit einer Ablöse, die dem Marktwert des Spielers entspricht (450 000 Euro laut transfermarkt.de).
Dabei verkörpert Reich auf nahezu perfekte Weise die Werte, für die die Sechzger stehen wollen. Nicht nur Meisterlöwe Hansi Reich (nicht verwandt) ist ganz angetan vom Biss und der Bodenständigkeit des U 19-Nationalspielers.
Anders sieht die Sache bei Sean Dulic (19) aus, dem anderen Durchstarter aus dem preisgekrönten Löwen-NLZ. Als im Drittligateam zu Beginn des Jahres Kapitän Jesper Verlaat und Raphael Schifferl ausfielen, schlug die große Stunde des U 19-Talents. Als Stammspieler in der Rückrunde wurde der zweikampfstarke Abwehrspieler zu einem Garanten des Klassenerhalts. Auch beim flinken Dulic war zwischenzeitlich ein Verkauf im Gespräch, doch inzwischen stehen die Zeichen auf Vertragsverlängerung. Drei Jahre sind im Gespräch (bis 2028) – geht er dann vorzeitig, hätten beide Seiten etwas davon.
Was Reich angeht, Vertrag wie Dulic bis 30. Juni 2026, schwinden dagegen die Chancen, dass er den Löwen erhalten bleibt. Aus Fürth ist zu hören, dass die rechte Abwehrseite blank ist. Beide Spieler für diese Position werden das Kleeblatt verlassen (Simon Asta, Marco Meyerhöfer).
Offen ist allerdings, wer Trainer wird und was der dann für Vorstellungen hat. Reich wäre wohl bereit zu einem Wechsel, wenn er die Aussicht hat, regelmäßig in der 2. Liga aufzulaufen. Hansi Reich, der Meisterlöwe, sagte im Interview über seinen Namensvetter: „Lukas braucht einfach seine Spiele und das Vertrauen. Er ist ein super Junge, der bei mir immer spielen würde. Aber rechts hinten, was er kann – und niemals woanders.“
ULI KELLNER