Der heutige Bielefelder Marius Wörl und sein Ex-Coach Michael Köllner 2022 in München. © IMAGO/Wagner
München – Natürlich wird Michael Köllner am Samstag um 20 Uhr vor dem Fernseher sitzen. Das DFB-Pokalfinale ist ein Pflichttermin für Fußballverrückte – und für arbeitswillige Trainer gleich zweimal. Gleich drei seiner Ex-Spieler stehen auf Bielefelder, einer auf Stuttgarter Seite. Außerdem ist der 55-Jährige am Fußballmärchen der Arminia noch ein bisschen mehr interessiert als der Rest der Republik. Wenn sich der Underdog anschickt, im Endspiel von Berlin im VfB auch noch den letzten Bundesligisten auszuschalten, richten sich alle Augen auf Marius Wörl. Also auf den Mann, der schon jetzt als Pokalheld der Saison gefeiert wird – und von Köllner als ganz persönliche „große Entdeckung“.
Der ehemalige 1860-Coach stand in der Verantwortung, als Wörl im Jahr 2021 aus der U 19 der Löwen ins Profi-Training schnuppern durfte und der ihm später zu den ersten Profi-Minuten verhalf. Der Weg, den Wörl aber nun bis zum Führungsspieler beim Zweitliga-Aufsteiger Bielefeld hinter sich gebracht hat, hätte er ohne „seinen Fleiß und seine Demut“ niemals derart beschreiten können. Das merkt man Wörl auch heute noch. „Für mich ist das eine riesige Chance, aber auch ein Lohn für die harte Arbeit, die wir hier gemeinsam reingesteckt haben“, sagt der Ex-Münchner bei dfb.de. „Jetzt wollen wir unsere ohnehin schon sehr gute Saison versuchen zu veredeln.“
Wörl, der auf dem Weg ins Finale drei Tore selbst geschossen und drei vorbereitet hat, hat noch nie mit einem wuchtigen Körper bestochen. Köllner hat das schnell erkannt – und ihm daher „andere Waffen an die Hand gegeben“. Als Wörl noch im Abitur steckte und später ein freiwilliges soziales Jahr bei den Löwen absolvierte („ein Spagat“), ackerte Köllner mit ihm auf dem Feld. „Ballsicherheit, Passicherheit, Passschärfe“ standen auf dem Programm: „Er hat unglaublich schnell gelernt. Und man hat früh gemerkt, was er für eine hohe Spielintelligenz hat.“ Dass er „ein Taktgeber“ ist, trägt seinen Ursprung in diesen ersten Löwen-Jahren, die Wörl nach seinem Wechsel 2018 vom FC Bayern genutzt hat.
Er wollte schnell viel, aber Köllner führte ihn behutsam ran. Er spricht von „gegenseitigem Vertrauen. Was ihn aber immer ausgezeichnet hat, ist die Fähigkeit, an sich selbst zu glauben“. Seine Laufstärke spreche für seinen Charakter. Und je feiner die Pässe wurden, je schlauer er sich auf dem Feld bewegte, desto mehr Fürsprecher neben Köllner gab es in den eigenen Reihen. Der Cheftrainer allerdings setzte sich auch hinter den Kulissen für Wörl ein. Ohne diverse Telefonate mit DFB-Verantwortlichen wäre Wörl, der 2022 für die deutsche U19 debütierte, noch länger nur mitgelaufen. Aber Köllner sagte: Schaut mal her! Und Wörl lieferte.
Köllner setzte ihn im zentralen Mittelfeld ein und sagt auch heute: „Das Zentrum ist die beste Position für ihn.“ Ein Spieler wie Wörl gehört „ins Herz des Spiels“, er müsse „so oft wie möglich am Ball sein“. Obwohl er Vergleiche scheut, spricht er sogar vom „zweiten Toni Kroos“. Gut, sechs Champions-League-Titel könne er nicht versprechen: „Aber Marius beherrscht genau dieses Spiel im Raum.“ So gut, dass der Weg „auf jeden Fall in die Bundesliga gehen kann“.
HANNA RAIF