DFB-POKAL

Finale der Gegensätze

von Redaktion

Stuttgart hofft auf die Krönung, Bielefeld auf ein Wunder

Könnte Pokalheld werden: Stürmer Woltemade. © IMAGO

Nächste Party für Coach Kniat und die Arminia? © IMAGO

Berlin – Im Teutoburger Wald trägt das Hermannsdenkmal ein riesiges Arminia-Trikot, in Berlin hängen Plakate mit Arminia-Slogans und kleinen Sticheleien gegen Stuttgart. 100 000 Bielefelder tauchen Berlin in Blau-Weiß und hoffen auf die Fußball-Nacht ihres Lebens vor dem sensationellen DFB-Pokal-Finale gegen den VfB am heutigen Samstag. Im Rausch der Euphorie wittert der Drittliga-Meister seine große Chance gegen den diesjährigen Champions-League-Starter und all die Nationalspieler. „Wir wollen das nicht genießen, wir wollen da gewinnen. Du spielst kein Finale, um dabei zu sein. Du spielst ein Finale, um es zu gewinnen“, sagte Arminia-Trainer Mitch Kniat vor dem Endspiel am Samstag (20.00 Uhr/ZDF und Sky) im Berliner Olympiastadion.

Mehr David gegen Goliath kannte ein DFB-Pokal-Finale selten. Arminia Bielefeld will das größte Märchen der deutschen Pokalgeschichte schreiben, der VfB Stuttgart seine Saison retten, gleichzeitig aber auch die beiden vergangenen Spielzeiten krönen.

Sportlich ist die Ausgangslage klar: Der Bundesligist ist haushoher Favorit, die Arminia krasser Außenseiter. Das war sie in den fünf Runden davor allerdings auch schon – und warf trotzdem Doublesieger Bayer Leverkusen, drei weitere Erst- und einen Zweitligisten raus. Das nutzt Kniat auch als Mutmacher: „Unsere Chancen waren in allen Spielen eigentlich ziemlich aussichtslos, und wir sind trotzdem immer weitergekommen“, so der 39-Jährige. „Wir haben keine Chancen, und die müssen wir nutzen.“

Doch auch auf der anderen Seite wäre der Pokalsieg ein riesiger Erfolg. In der Saison 2022/23 hatte sich der VfB noch knapp über die Relegation gegen den Hamburger SV gerettet. Zwei Jahre, eine Rekordsaison inklusive Vizemeisterschaft, denkwürdige Champions-League-Reisen und sieben deutsche Nationalmannschafts-Debütanten später, scheinen die schweren sportlichen Jahre im Ländle in weiter Ferne. Nur vier Spieler aus der Startelf der HSV-Spiele – Karazor, Führich, Millot und Vagnoman – stehen heute noch bei den Schwaben unter Vertrag. Vier Spieler, die in ihrer Entwicklung seither symbolisch für den Neustart einer ganzen Mannschaft stehen.

„Für die ist es das Spiel des Lebens, für uns auch“, so Stuttgarts Stürmer und Senkrechtstarter Nick Woltemade, der die Bedeutung des DFB-Pokalfinals damit auf den Punkt bringt. Auch für Sebastian Hoeneß geht ein großer Traum in Erfüllung. Er sei schon das ein oder andere Mal im Olympiastadion als Zuschauer eines Pokalfinals dabei gewesen und habe „dann schon auch darüber nachgedacht, wie es wäre, selbst ein Teil dessen zu sein“, erzählte der Neffe von FC Bayern-Ikone Uli Hoeneß.

Der Pokalsieg würde für beide Teams nicht nur den Titel bedeuten, sondern sie geradewegs in die Europa League führen. Noch nie hatte sich ein Drittligist für den Europapokal qualifiziert. „Wenn man sich vorstellt, wir gewinnen den DFB-Pokal und dann würden Top-Clubs mit Spielern wie Erling Haaland und Co. in Bielefeld spielen – das wäre unfassbar“, schwärmte Bielefelds früherer Kult-Fußballer Ansgar Brinkmann.

Erstmals seit 14 Jahren treffen im Endspiel zwei Teams aufeinander, von denen keins auf den europäischen Plätzen in der Bundesliga steht. Und so außergewöhnlich Bielefelds Reise bis ins Finale ist, auch die Erfolgsgeschichte der Schwaben könnte sich nach einem großen Abend in Berlin sehen lassen.
ELIAS EICHER

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