Triumph mit Makel

von Redaktion

Keymer gewinnt Schach-DM in München

München – Am letzten Spieltag der deutschen Schach-Meisterschaft in München schaute der Herrscher über alle Züge höchstpersönlich vorbei – Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn und Schach-Enthusiast. Topfavorit Vincent Keymer raste unter seinen Augen wie ein ICE dem Titel entgegen. Schon nach sechs Runden pries Bundestrainer Jan Gustafsson seinen Schützling: „Er steppt ans Brett und rollt über die deutschen Meisterschaften hinweg wie ein Zug.“

Keymer hatte bis zur sechsten Runde nur ein Remis abgegeben. Nachdem der 20-Jährige den einzigen Verfolger, Europameister Matthias Blübaum, abschüttelte, war angesichts der zwei Punkte Vorsprung klar: Es kann nur einen Meister geben. Den Titel sicherte Keymer in der Fat Cat GmbH (ehemals Gasteig) mit einem Remis durch Zugwiederholung gegen den Hamburger Rasmus Svane endgültig ab.

Kleiner Makel: die letzte Partie verlor der jüngste deutsche Großmeister aller Zeiten gegen seinen Vereinskameraden in Kurstadt Alexander Donchenko, der sich dadurch im Turnier noch auf Platz sechs rettete – hauchdünn vor Leonardo Costa. Für den 17-jährigen Costa war das im Zehnerfeld ein großer Erfolg: Der bisherige Hamburger, der Bundesliga-Rückkehrer Münchner Schachakademie (MSA) Zugzwang in der neuen Saison verstärkt, sicherte sich damit seine dritte Großmeister-Norm. Damit erhält Costa vom Schach-Weltverband FIDE den höchsten Titel auf Lebenszeit verliehen.

Keymer freute sich zwar über den Titel, fand die einzige Schlappe aber dennoch „extrem bitter“, denn die habe für ihn „ein fast perfektes Turnier ein wenig zerstört“! Im Falle eines weiteren Sieges hätte der Champion seine bisher beste Platzierung in der Weltrangliste mit Position 17 getoppt. So musste sich Keymer, der 5000 Euro Preisgeld erhielt, vorerst mit Rang 22 bescheiden.

Mehr Spannung erlebte Ehrengast Lutz bei den Frauen: Hanna Marie Klek schloss auf den letzten „Zugfahrten“ noch zu der anfangs allein dahin rauschenden Dinara Wagner auf. Die Spitzenspielerin von Bundesligist SF Deizisau holte in dem neun rundigen Wettbewerb ebenfalls 6,5 Punkte. So musste ein Stichkampf im Schnellschach mit zehn statt 90 Minuten Grundbedenkzeit die Entscheidung bringen: Den entschied die favorisierte Wagner mit 2:0 für sich.
HARTMUT METZ

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