Ousmane Dembele (re.) jubelt mit Joao Neves © Medina/AFP
Im Champions-League-Finale trifft Paris Saint-Germain auf Inter Mailand. Schon 2020 waren die Franzosen ganz nah am Henkelputt dran, scheiterten im Endspiel in Lissabon allerdings am FC Bayern. Das Interview mit Ex-PSG-Star und Weltmeister von 2014 Julian Draxler (31, aktuell bei Al-Ahli in Katar).
Herr Draxler, warum gewinnt Paris Saint-Germain die Champions League?
Sie haben eine qualitativ und technisch überragende Mannschaft, die sehr ansehnlichen Fußball spielt. Der Verein arbeitet seit langer Zeit auf diesen Henkelpott, sie haben ihren Traum nie aufgegeben. Natürlich steckt dahinter auch ein enormes finanzielles Investment, aber sie haben auch aus ihren Fehlern gelernt und letztlich die richtigen Entscheidungen getroffen. Sie haben nun eine super Mischung und sind reif für den Titel. Ich drücke dafür natürlich meine Daumen.
Die Sehnsucht nach dem Henkelpott ist bei PSG riesig. Sie waren 2020 ganz nah dran. Wie wichtig wäre der Titel für den Verein?
Der Moment, als man an dem Pokal vorbeigegangen ist und so nah dran war, war einfach brutal. Ein großer Schmerz für jeden, der damals dabei war. Wir waren damals auf Augenhöhe mit Bayern, am Ende haben Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entschieden. Genau daraus ist aber wieder etwas neues gewachsen, der Traum nach dem Titel ist noch größer geworden. Im Club wurde seitdem intensiv gearbeitet und nun will man die Früchte ernten. Ein Verein dieser Größer und mit dieser Strahlkraft braucht den Henkelpott in der Vitrine.
Mbappé, Neymar, Messi – als Sie für Paris aufliefen, war das ein Ansammlung voller Superstars. War das ein Ego-Haufen oder ein eingeschworenes Team?
Das Team damals war sicherlich schwerer zu managen als das Team von heute. Wir hatten viele Superstars in der Mannschaft und auch die restlichen Spieler hatten immer den Anspruch in der ersten Elf zu stehen. Von außen betrachtet wirkt PSG immer wie ein zusammengewürfelter Haufen von Stars, die sich nicht leiden können – das war und ist allerdings nicht wirklich so. Auch wenn es mal öfter geknallt hat, war unser Teamgeist im Final-8-Turnier 2020 beispielsweise top. Alle haben für das große Ziel zusammengearbeitet, sonst kommt man auch nicht ins Finale. Ich habe es jedenfalls immer genossen, in diesem Team zu spielen.
Welchen Eindruck haben Sie heute?
Heute herrscht im Team, von Außen betrachtet, ein sehr offener und fairer Konkurrenzkampf, wo viele Spieler auf dem fast gleichen Niveau agieren. Da hat der Trainer natürlich weniger Nebengeräusche und kann auch mal härtere Entscheidungen treffen.
Unter Luis Enrique hat man den Eindruck, die Mannschaft ist der Star. Dennoch sticht Ousmane Dembele hervor. Gewinnt er den Ballon d’Or?
Die Ausgeglichenheit des Kaders verbunden mit unheimlich guter Qualität auf jeder Position ist sicherlich ein Schlüssel des Erfolgs. Der Konkurrenzkampf pusht jeden zur Höchstleistung und deswegen stehen die Jungs zurecht im Finale. Ich hoffe für Ousmane, dass er PSG zum Titel schießt, und dann wird er ziemlich sicher und zu Recht zum Kandidatenkreis für den Ballon d’Or zählen.
Wie schätzen Sie Inter Mailand ein?
Ich glaube, Inter ist unheimlich schwer zu bespielen! Die Mannschaft hat eine hohe individuelle Klasse, ist sehr abgezockt und ist in den vergagnenen Jahren step by step zusammengewachsen. Das Finale gegen City hätten sie nicht verlieren müssen. Ich glaube, nach dieses Niederlage haben sie nochmal einen großen Schritt nach vorne gemacht. Im Finale kann kann es somit in beide Richtungen gehen, ein Spiel auf Augenhöhe. Kleinigkeiten werden entscheiden und ich hoffe auf einen Sieg für PSG.
INTERVIEW: PHILIPP KESSLER